Potsdamer Neueste Nachrichten 24.10.05

An Großrechner, Grill und Rasenmäher erinnert

Das Industriemuseum im einstigen Gemeindeamt

Kleinmachnow – Im Flachbau im Kleinmachnower Meiereifeld 33/35 wurde bis vor kurzem noch Ortsgeschichte geschrieben, denn hier hatte die Gemeindeverwaltung ihren Sitz. Seit ihrem Umzug ins neue Rathaus im Jahre 2004 wird dort nun ein weiteres Kapitel regionaler Historie aufgeschlagen: die Ära der Industrieansiedlung entlang des Teltowkanals.

Das Industriemuseum der Region Teltow, das im März diesen Jahres seine Pforten öffnete, beteiligte sich auch am ersten langen Museums-Samstag. Beeindruckt waren die Besucher vor allem vom Modell der Kleinmachnower Kanalschleuse, das der Heimatverein Kleinmachnow zur Verfügung stellte. Da mit dem Kanalbau 1906 für die altehrwürdige Ackerbürgerstadt Teltow ein neues Zeitalter eingeläutet wurde, wird in der Ausstellung auch dem Erbauer Landrat Ernst von Stubenrauch Referenz erwiesen. Schon zwei Jahre vor der Fertigstellung des Kanals siedelte sich die Porzellanfabrik an, die Isolatoren für die Telegrafie produzierte. Drei Jahre später folgte die Seifenfabrik, und als Teltow 1909 einen Hafen bekam reihten sich immer mehr Firmen entlang des Kanals wie die Asbestwerke, Biomalz und die Maschinenbau AG. Mit der Firma Askania kam die Automatisierung nach Teltow, und die Ausstellung dokumentiert wie diese Entwicklung im späteren VEB Mechanik Askania für den Schifffahrtsbereich fortgesetzt wurde.

Die meisten Museumsstücke stammen aus DDR-Zeiten als sich die Region zum Zentrum der elektronischen Industrie mauserte und sich in jedem Haushalt mindestens ein Erzeugnis aus Teltow befand, wenn auch meist unsichtbar als Transistormodul oder winzige Dioden in technischen Geräten. Neben Fernsehfiltern, Chipwiderständen und Großrechnern wurde in Teltow aber auch eine breite Palette von sogenannten Konsumgütern hergestellt.

So manche Erinnerung weckte da bei Besuchern der Kontaktgrill KS 1600 WS mit Wechselplatte, der ebenso Kultstatus besaß wie der Benzinrasenmäher aus dem VEB Geräte- und Reglerwerk. Praktisch und sogar formschön waren die Konsumgüter meistens, aber vor allem waren sie rar, weil sie als Devisenbringer ins „nichtsozialistische Ausland“ verkauft wurden. Und so waren das Nostalgieradio „Philipp“ und das Trichtergrammophon aus den VEB Elektronische Bauelemente nur über Beziehungen zu haben.

Mindestens bis zum 100-jährigen Jubiläum des Teltowkanals im Juni 2006 wird das Museum noch jeden Sonntag von 14-18 Uhr geöffnet sein und Lothar Starke, Chef des Vereins Industriemuseum, hofft auch weiterhin auf die Unterstützung der Kommunen. KiG