Potsdamer Neueste Nachrichten 06.10.05
Landesplanung sieht keine Gründe, großflächigen
Einzelhandel entgegen ihrer Richtlinien zu erlauben / Finanzielle Folgen
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Die Chancen für einen Hornbach-Baumarkt in Kleinmachnow sind
drastisch gesunken. Die gemeinsame Landesplanung von Berlin und Brandenburg hat
einen Antrag der Gemeinde abgelehnt, am Stahnsdorfer Damm einen Bau- und
Gartenmarkt zu errichten, mit der Begründung, dass die Ansiedlung großflächigen
Einzelhandels außerhalb zentraler Orte nicht zulässig sei. Doch die Gemeinde
hatte auf eine Ausnahmeregelung gehofft. Das Nein aus Potsdam hat nun auch
finanzielle Folgen für Kleinmachnow: Die Hornbach AG hat der Gemeinde 10,2
Millionen Euro für die Flächen in dem Gewerbegebiet gezahlt. Zwar ist das Geld
erst verfügbar, wenn tatsächlich Baurecht besteht, doch ist es schon weitgehend
verplant.
Hornbach in Kleinmachnow mit einer
Verkaufsfläche von 19770 Quadratmetern würde den Grundzügen der Landesplanung
widersprechen. Deren Ziel ist es, Verkaufsstätten mit einem überörtlichen
Versorgungsgrad in zentralen Orten zu konzentrieren – auserwählt sind dafür
Potsdam und Ludwigsfelde. Die dort vorhandenen Einzelhandelsstrukturen und
deren Versorgungsfunktion würden durch einen Baumarkt in Kleinmachnow
geschwächt.
Die Landesplaner sehen aber nicht nur ihre eigenen Überlegungen konterkariert,
bei denen es darum geht, wie man den Raum im Speckgürtel am besten ordnet und
wo man am günstigsten großflächige Einzelhandelsstrukturen schafft. Sie sehen
im Einzugbereich, den der Baumarkt vom Stahnsdorfer Damm aus bedienen würde,
einen gesättigten Markt: Im definierten Kundenradius habe man 17 vorhandene
Bau- und Gartenmärkte ermittelt.
Die Hornbach AG war bei ihrer Marktanalyse hingegen zu der Erkenntnis gekommen,
dass sich der Kleinmachnower Standort gut in das bestehende Netz einfügen
würde. Vor drei Jahren besiegelten das Unternehmen und die Gemeinde einen
Kaufvertrag über 10,2 Millionen Euro. Das Geld hat die Gemeinde fest
eingeplant. So findet sich ein Teil der Kaufsumme im Kosten- und
Finanzierungsplan für das Rathaus wieder. Kommt der Hornbach-Baumarkt nicht,
würde eine Deckungslücke von mehreren Millionen entstehen.
Von amtierenden Gemeindevertretern ist die Praxis, mit den Erlösen aus
unfertigen Grundstückgeschäften zu operieren, heftig kritisiert worden. Als im
vergangenen Dezember die Diskussion um das Für und Wider eines Baumarktes ihren
vorläufigen Höhepunkt erreichte, warf WIR-Vertreter John Banhart dem
Bürgermeister vor, mit der Ansiedlung von Hornbach „die Auswirkungen seiner
desaströsen Finanzpolitik zu lindern.“ Auch CDU-Fraktionschef Ludwig Burkardt
kritisierte, dass mit dem Geld trotz der Unwägbarkeiten bereits kalkuliert
wurde. Für die Grünen im Ort wurde Hornbach gar zur Zerreißprobe, bei der sich
die damalige Fraktionschefin Nina Hille vom Ortsverband und auch von der Partei
trennte. Hille hielt einen unter ökologischen Aspekten errichteten Baumarkt für
machbar und nannte es verantwortungslos, finanzielle Verluste für die Gemeinde
zu riskieren. Die Grünen indes sahen keinerlei Notwendigkeit für einen
Baumarkt. Eine deutliche Mehrheit im Gemeindeparlament beschloss letztlich, bei
der gemeinsamen Landesplanung eine Erlaubnis für die Ansiedlung zu beantragen.
Mit der Ablehnung fühlen sich alle, die Vorbehalte hatten, bestätigt. „Wir
haben das erwartet“, meinte Grünen-Ortssprecher Michael Martens. „Jetzt wäre es
Zeit für Plan B, doch ist ein solcher nie in die Wege geleitet worden“, so
Martens. WIR-Gemeindevertreterin Angelika Scheib sieht, wie auch der
CDU-Abgeordnete Fred Weigert, nun die Option für Gewerbeansiedlungen, die
geeigneter für den Standort seien. Da in dem Gewerbegebiet, das den Titel
„Arbeiten und Wohnen“ trägt, auch ein Wohngebiet geplant ist, „muss man die
Übergänge sensibel betrachten“, so Weigert. Ein Baumarkt, dessen Kundenverkehr
nach Prognosen der Landesplaner zu 35 Prozent über die Hohe Kiefer und den
Stolper Weg führen würde, sei alles andere als ein ruhiger Nachbar für ein
Wohngebiet. Weigerts Vorschlag: Aus dem Umstand, dass die Biologische
Bundesanstalt an den Stahnsdorfer Damm zieht, sollte ein Konzept für weitere
adäquate Ansiedlungen entwickelt werden.
SPD-Fraktionschef Bernd Bültermann hat den Verkauf der Gemeindeflächen an die
Hornbach AG immer als „verantwortungsbewusste Entscheidung“ verteidigt. Und er
macht es nach wie vor. Die Ansiedlung sei im Interesse Kleinmachnows, der
Standort am Rand des Ortes direkt neben der Autobahn attraktiv. Die Ablehnung
der Landesplanung sei daher „im höchsten Maße“ zu kritisieren. Bültermann
schloss nicht aus, dass die Gemeinde gegen den negativen Bescheid klagt. Er ist
überzeugt, dass sich dafür erneut eine Mehrheit in der Gemeindevertretung finden
werde. „Wir geben so viel Geld für Rechtsgutachten aus“, so der
SPD-Fraktionschef, „und in diesem Fall würde ich es für angemessen halten.“
Dem Gericht wäre die Sachlage nicht fremd. Im November 2003 hat das
Oberverwaltungsgericht Brandenburg in einem Grundsatzurteil genau das verboten,
was Kleinmachnow will: die Ansiedlung großflächigen Einzelhandels außerhalb von
Zentren.