Potsdamer Neueste Nachrichten 05.10.05

Online-Handel beim "Alten Fritz"

eBay bezog gestern drittes Bürogebäude im Europarc und beschäftigt inzwischen 900 Mitarbeiter

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow - Ein wenig fühlt man sich wie in der Caféteria eines Universitätscampus: lauter junge Leute, eine bunte Sprachvielfalt und Schlangen am Kaffeeautomaten. Würde in der Pressemappe nicht die Zahl von 7,6 Milliarden Euro stehen, die im vergangenen Jahr hier umgesetzt wurden, könnte man kaum glauben, dass man sich gerade in der Deutschland-Zentrale des weltweit erfolgreichen Internetauktionshauses eBay befindet. Das vor zehn Jahren gegründete Unternehmen hat eine rasante Entwicklung genommen, die sich auch im Europarc Dreilinden widerspiegelt. Gestern weihte eBay sein drittes Bürogebäude ein.

„Es ist ein großartiger neuer Bau“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU), dessen Präsenz unterstrich, wie glücklich das Land noch immer über den Ansiedlungserfolg ist, der inzwischen fünf Jahre zurückliegt. Damals zog eBay mit 60 Mitarbeitern von Berlin nach Dreilinden. Der Bau der ersten beiden Bürohäuser, die mit dem bunten Firmenlogo zum Wahrzeichen an der A115 wurden, dokumentierte das Wachstum von eBay und den Handel im Internet als global etablierte Einkaufskultur. Mit den Häusern bekam der virtuelle Markplatz eine Fassade aus Stein und Glas. Das gestern eingeweihte Gebäude ist eine weitere Folge des Expansionskurses: 900 Mitarbeiter beschäftigt eBay Deutschland mit seinen Tochterfirmen im Europarc. Inzwischen verläuft der Einzug und die Einweihung eines eBay-Gebäudes in Dreilinden fast routiniert und Wirtschaftsminister Junghanns könnte es erfreut als Einladung zur nächsten Grundsteinlegung gedeutet haben, als eBay-Geschäftsführer Stefan Groß-Selbeck visionierte: „Wir wollen mal schauen, was noch so alles kommt in der nächsten Zeit.“

Das neue eBay-Gebäude bietet auf sechs Etagen und mehr als 7000 Quadratmetern Platz für 480 Mitarbeiter und das eBay-Café. Die Dekoration der 36 Besprechungsräume wurde von den Mitarbeitern selbst vorgeschlagen, und entsprechend der Ausstattung wurden die Räume benannt. In der ersten Etage geht es rasant zu: „Trabi“, „Käfer“ oder „Ferrari“ heißen die Räume. Im zweiten Stockwerk begegnet man den „Beatles“ oder „Marlene Dietrich“, im Dritten, „Lolek und Bolek“ und „Asterix und Obelix“. In der vierten Etagen berät man sich bei „Einstein“ oder beim „Alten Fritz“. Und ganz oben wird es – logisch – sportlich. Hier arbeiten die Fans von „Real Madrid und „Hertha BSC“. Auch „Turbine Potsdam“ findet in einem mit Trikots, Schals und Fotos dekorierten Beratungsraum seine Verehrung. Die Utensilien und Fanartikel an den Wänden haben die Mitarbeiter selbst ersteigert – bei ihrem Arbeitgeber.

Das neue Gebäude ist die Zentrale für den europäischen Kundenservice, insgesamt zählt eBay Deutschland über 16 Millionen Mitglieder, die im letzten Quartal des vergangenen Jahres 80 Millionen Artikel zum Verkauf anboten. „Der Online-Handel ist ein Markt, an dem keiner mehr an eBay vorbeikommt“, meint Wirtschaftminister Junghanns.

Allerdings ist es auch nicht leicht, zu eBay in den Europarc zu gelangen. Zumindest mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wie man bei eBay zunehmend beklagt. Denn mit wachsender Mitarbeiterzahl wird die Frage einer besseren Anbindung des Europarcs an das öffentliche Verkehrsnetz immer dringlicher. Minister Junghanns ist sich des Problems bewusst: Eine Anbindung des Europarcs sei ein wichtiges und notwendiges Argument für diesen Standort. Der Beschluss des Landtages, Finanzierungswege für den Wiederaufbau der Stammbahn mit einem Stopp in Dreilinden zu prüfen, ist im Juni dieses Jahres nicht zuletzt mit der Bedeutung des Europarcs begründet worden. Auch die künftigen Schritte bei der Anbindung des Gewerbegebietes sind abhängig von politischen Entscheidungen: „Es muss von der Politik gewollt sein“, so Junghanns. Dabei hoffe er auch auf Einsicht auf Berliner Seite. Es scheiterte bislang vor allem am Veto der Bezirkspolitiker aus Steglitz-Zehlendorf, den Stahnsdorfer Damm vom Europarc durch den Düppler Forst als Straße zu reaktivieren, um eine Buslinie zum S-Bahnhof Wannsee zu ermöglichen. „Inzwischen“, so Junhanns, „gibt es auf Berliner Seite etwas Bewegung.“