Potsdamer Neueste Nachrichten 09.09.05

Zurück ins Streitzeitalter

Mittwoch sollte eine neue Dimension der regionalen Zusammenarbeit erreicht werden – am Ende sah man sich voneinander entfernt

Von Peter Könnicke

Stahnsdorf - Peter Weiß hat einen Verdacht: „Die wollen gar nicht!“ Die – das sind die Kleinmachnower Vertreter in der Kommunalen Arbeitsgruppe „Der Teltow“ (KAT). Und was sie nach Ansicht des Stahnsdorfer CDU-Chefs nicht wollen, ist eine neue und bessere Form der Zusammenarbeit der drei Kommunen am Teltowkanal.

Eigentlich wollte man am Mittwoch in eine neue Dimension vorstoßen, indem die KAT die Gründung eines Planungsverbandes empfehlen sollte (PNN berichteten). Ein solcher Verband könnte für die drei Orte all die Aufgaben übernehmen, die sich aus dem Baugesetzbuch ableiten. Er könnte eine gemeinsame Bauleitplanung übernehmen und einen gemeinsamen Flächennutzungsplan entwickeln. Er könnte zudem gemeinsame Konzepte für eine regionale Wirtschaftsförderung, für Bildung und Kultur, Tourismus, Soziales, Sicherheit und Ordnung erarbeiten. Doch aus der Empfehlung wurde nichts. Man stritt sich, so dass der Kleinmachnower SPD-Abgeordnete Jens Klocksin sich am Ende nicht in einer neuen Dimension, sondern „ein halbes Lichtjahr“ zurückversetzt sah.

Schon als vor einem Monat der Vorschlag der drei Bürgermeister für einen Planungsverband publik wurde, forderte die Kleinmachnower CDU einen größeren Quantensprung: Man sollte doch besser einen Kommunalverband mit deutlich mehr Zuständigkeiten gründen. Tatsächlich haben ein Planungs- und ein Kommunalverband eine „völlig unterschiedliche Qualität“, wie Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) betont. „Es gibt klare rechtliche Trennlinien, über die man sich im Klaren sein muss.“

In Kleinmachnow ist man sich dies offenbar noch nicht. Denn obwohl es die dortige CDU war, die einen Kommunalverband ins Gespräch brachte, war es vorgestern Kleinmachnows CDU-Chef Maximilian Tauscher, der sich sorgte, „dass die ganzen Auswirkungen der verschiedenen Modelle nicht sofort überschaubar sind“. Daher solle man doch lieber in einem Workshop klären, wie sich der jeweilige Verband auswirke. „Wir sollten wirklich mal ausloten, was es bedeutet“, warb Tauscher um Verständnis für das Kleinmachnower Zögern.

Doch hagelte es reichlich Unmut. „Sollen sie sich doch Zehlendorf anschließen“, grummelte etwa Stahnsdorfs SPD-Vertreter Dietmar Otto. „Dann machen es Teltow und Stahnsdorf eben allein“, drohte Teltows CDU-Fraktionschef Florian Lewens. Er habe genug von dieser „Hinhaltetaktik“, polterte Stahnsdorfs CDU-Chef Weiß. Und weiter: „Wenn man die Unterschiede zwischen Planungs- und Kommunalverband nicht kennt, muss man sich eben vorbereiten.“ Es sei schwer zu verstehen, warum das mit Juristen, Politikwissenschaftlern und Experten gespickte Kleinmachnower Ortsparlament ausgerechnet hier um Nachhilfe bittet. Die einzige Erklärung sei, „dass man die Sache zerreden will“.

Vor ungefähr einem Jahr war es Stahnsdorfs Bürgermeister Enser, der laut über einen Zusammenschluss der drei Orte nachdachte. Vor allem aus Kleinmachnow kamen arge Vorbehalte. Dass die Nachbarn nun einen Kommunalverband vorschlagen, „der ja fast ein Zusammenschluss“ ist, macht Weiß stutzig. Er argwöhnt: „Man bringt den Kommunalverband doch nur ins Spiel, um in der Bevölkerung Druck dagegen zu erzeugen und ihn daraufhin abzulehnen.“

Ihren Argumenten und Initiativen zufolge dürften sich die Kleinmachnower Politiker völlig missverstanden fühlen. Als „polemisch und ehrabschneidend“ empfand der SPD-Abgeordnete Jens Klocksin die Vorhaltungen aus Stahnsdorf. Man halte auch in Kleinmachnow die Gründung eines Planungsverbandes für einen notwendigen und zeitgemäßen Schritt. Bei der Frage nach dem besten Modell „sind wir jedoch gut beraten, noch mehr Sachkunde einzuholen“, befindet Klocksin. Denn bei dem vorgestern in der KAT vorgelegten Vertragsentwurf zur Gründung eines Planungsverbandes habe er erhebliche Mängel erkannt, die zu einer „gravierenden Einschränkung der gemeindlichen Autonomie“ führen würden. Daher müssten die Ziele eines Verbandes – welcher Art auch immer – im Vorfeld ausreichend besprochen werden. „Schließlich soll der Konsens der Maßstab der Dinge sein,“ so Klocksin.

Auch in Kleinmachnows CDU sieht man sich wohl eher als Vorreiter und nicht als Verhinderer, wenn es darum geht, eine neue Qualität der interkommunalen Zusammenarbeit zu organisieren. Erst gestern Abend forderte die CDU-Fraktion von Bürgermeister Wolfgang Blasig ein Konzept zu erarbeiten, in welcher rechtlichen Form künftig regionale Aufgaben am besten erledigt werden können. Im Resümee des CDU-Antrages klingt es keinesfalls nach Blockade: „Voraussichtlich bleibt dafür allein der Weg des kommunalen Zwecksverbandes.“

Ähnlich einigte man sich schließlich auch in der KAT: Die drei Bürgermeister sollen sich bemühen, die jeweilige Tragweite eines Verbandes darzustellen. Peter Weiß hofft, dass dann alle Unklarheiten beseitigt sind und man einen entscheidenden Schritt aufeinander zugeht. Klocksin ist nach diesem Abend skeptischer: Bei den Attacken und Differenzen kann er sich nicht vorstellen, dass man sich in einem Planungsverband vereint.


WAS IST WAS?

Mehr oder weniger

Ein Kommunalverband ist ein Zusammenschluss von Kommunen einer Region, mit dem Ziel, die Interessen der einzelnen Kommunen zu bündeln und die Angebote und Aufgaben der einzelnen Städte und Gemeinde zu koordinieren. Nach einem Vorschlag der Kleinmachnower CDU könnte ein Kommunalverband für alle drei Kommunen zahlreiche Aufgaben übernehmen: eine gemeinsame Rechnungsprüfung, die EDV, das Rechnungswesen und die Personalverwaltung, die Schulentwicklungsplanung einschließlich der Schulträgerschaft für weiterführende Schulen, die Kita- und Hortplanung, die Baugenehmigungen, Führerscheinstelle und Kfz-Zulassung.

Ein Planungsverband ist Träger der Regional-, Flächennutzungs- und Landschaftsplanung einer Region. Er ist überkommunal veranwortlich für bedeutende Planungen und deren Umsetzung. Zudem ist er ein wichtiger Akteur auf dem Feld der interkommunalen Kooperation und Initiator zahlreicher Projekte in einer Region.