Potsdamer Neueste Nachrichten 13.05.05

Genial ist doch normal

Christina Kuhlmey aus Kleinmachnow ist im Finale der Wissenschaftsolympiade in Irland

Von Volker Eckert

Kleinmachnow - Eigentlich müsste es Christina Kuhlmey im Biologie-Unterricht manchmal ein bisschen langweilen werden. Schließlich muss sie bei der Bio-Olympiade Fragen beantworten, die in der Schule erst zwei Jahre später an der Reihe sind – wenn überhaupt. Auf die Frage winkt die 16-jährige Schülerin aber ab. Dann kommt Lehrer und Förderer Torsten Leidel zu Hilfe und lobt, wie Christina sich in der Gruppenarbeit einbringt. „Es kann aber schon mal passieren“, sagt er dann noch und lächelt ein bisschen verlegen, „dass wir alleine diskutieren.“

Morgen fliegt Christine Kuhlmey ins irische Galway, zum Finale der Europäischen Wissenschaftsolympiade (EuSO). Vorher hat sie die ersten drei Runden der Bio-Olympiade überstanden und sich sozusagen als Quereinsteigerin für das Finale qualifiziert. Bei der dritten Runde in Kiel war sie die beste ihrer Altersstufe, die andern Teilnehmer – auch in den Runden davor – waren im Schnitt zwei Jahre älter als sie.

Schon bei der zweiten Runde in Potsdam hätten sich viele Aufgaben um Biochemie und Genetik gedreht. Mit der Frage, woher sie denn das Wissen habe, solche Fragen zu beantworten, kann Christina offenbar nicht viel anfangen: Sie habe sich mal die Mendelschen Gesetze durchgelesen, ist die knappe Antwort. „Den Rest hab’ ich mir hergeleitet.“

Außerdem lernen die Bio-Olympioniken auch außerhalb des Wettbewerbs. Schon mehrmals hat Christina an so genannten Akademien teilgenommen, wo zum Beispiel praktische Kenntnisse vermittelt werden, etwa der Umgang mit speziellen Pipetten und dem Mikroskop.

Zu den ersten Wettbewerben – damals noch auf Landesebene – ist Christina von ihrem Biolehrer geschickt worden. Torsten Leidel ist nebenher noch Landesbeauftragter für die Bio-Olympiade. Sie habe sich einen mittelmäßigen Platz ausgerechnet, erzählt sie. So sei sie mit jeder Runde überrascht gewesen, dass sie weiterkam. Vor der Endrunde mit Konkurrenten aus ungefähr 20 Ländern hat sie jetzt keine Angst mehr. Außerdem sind von den sieben Tagen in Irland nur zwei Tage Wettbewerb, der Rest Kennenlernprogramm. „Ich freue mich sehr darauf“, sagt Christine. Wörter wie „geil“ scheinen nicht ihre Sache.

Vererbt ist Christines Begabung offenbar nicht, der Vater ist Drucker, die Mutter Erdkundelehrerin. Allerdings hatten die Großeltern einen Bauernhof und sie sich schon früh für Tiere interessiert. Vor vier Jahren hat sich Christine eine Schildkröte gekauft. Dazu hat sie sich ein Buch besorgt, in dem stand, was sie gern fressen und welche Temperatur sie gern mögen. Entgegen dem Vorurteil sind Schildkröten übrigens schnell und mobil, stellt Christine fest. Später will sie definitiv bei der Biologie bleiben, am liebsten Tierärztin werden.

Andere Interessen hat sie aber auch noch: Geige spielen und Theater, die ersten Bücher, die ihr einfallen, sind Harry Potter und Herr der Ringe – „was man so liest“. Bei ihren Freundinnen hat sie noch keinen Neid auf die Bio-Erfolge festgestellt: „Die wissen ja, dass es auch ganz schön anstrengend ist.“