Auch beim Sicherheitsbedürfnis der Internationalen Schule
muss man sich in Kleinmachnow einigen
Von Peter Könnicke
Kleinmachnow - Wohl kaum ein Wort ist in den vergangenen Jahren für den Seeberg
in Kleinmachnow mehr strapaziert worden als „Kompromiss“. Bei der Frage, ob,
wie und in welchem Umfang das Ensemble der ehemaligen Reichspostanstalt und das
weitläufige Areal entwickelt werden kann, hat kein Plan und keine Überlegung
sofortigen Zuspruch bekommen. Seit fast zehn Jahren wird das Ringen um eine
Gestaltung des Plateaus begleitet von der Suche nach einem Konsens mit
allgemeiner Gültigkeit. In der Idee, auf dem Gelände einen Campus mit mehreren
Schulen zu errichten, glaubte man sich am Ziel. Seit ein paar Tagen wird der
Kompromiss auf eine harte Probe gestellt.
Die Absicht der Berlin Brandenburg
International School (BBIS), das von ihr benötige Schulgelände einzuzäunen, hat
unschöne Erinnerungen geweckt. Jahrzehnte war das Gelände hermetisch abgesperrt
– erst von den Nationalsozialisten, dann von der SED, die hier ihre
Kaderschmiede hatte. „Noch lange nach der Wende erschien es den Einwohnern von
Kleinmachnow wie eine ferne, geheimnisvolle Insel“, schreibt Kulturhistoriker
Hubert Faensen in seinem Buch über den Seeberg. Würde nun ein Zaun die Straße
kreuzen, die über den Seeberg führt, und somit der Gang über das Plateau am BBIS-Gelände
enden, würde „eine unglückliche Geschichte aufleben“, mahnt Faensen in seiner
Eigenschaft als Gemeindevertreter, als der er immer Offenheit und
Öffentlichkeit für den Seeberg verlangt hat. Mit einem Zaun würde „eine
alltägliche bürgerliche Freiheit einer Angstpsychose weichen“, so Faensen.
Auch unter Kleinmachnows Sozialdemokraten wird die Vergangenheit bemüht, um zu
verhindern, dass die Zukunft des Seeberges verbaut werde. „Die Kleinmachnower
Bürger haben in der friedlichen Revolution Ende der achtziger Jahre auf dem
Seeberg Zäune beseitigt und Tore geöffnet. Es darf nicht sein, dass nun wieder
Zäune errichtet werden“, rebelliert SPD-Ortschef Frank Nägele. „Keine neuen
Mauern innerhalb von Kleinmachnow“, appelliert auch der Bündnisgrüne Gerhard Casperson,
einer der Kleinmachnower Protagonisten der Wende-Bewegung.
Doch es gibt auch Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis der internationalen
Schule. „Weltfremd“ nennt etwa PRO-Kleinmachnow-Mitstreiter Thomas C. Barth
jene, die meinen, der Campus einer internationalen Schule könne frei zugänglich
sein. An der Munich International School in Starnberg kann man die Kleinmachnower
Frage sehr gut nachvollziehen. „Das Sicherheitsbedürfnis internationaler
Schulen hat sich extrem erhöht“, sagt Verwaltungschef Schnor. Auch in München
verhandle man derzeit mit Behörden, um das Schulgelände einzuzäunen. Das
Klientel sei gefährdeter als an anderen Schulen, weshalb Botschaften und
Wirtschaftsunternehmen, die ihren Mitarbeitern internationale Schulen
empfehlen, auf gegebene Sicherheitsstandards Wert legen.
Auch BBIS-Geschäftsführer Burkhard Dolata kennt die Sicherheitsansprüche, von
Botschaften, Konzernen und Eltern. Das Bedürfnis, künftig 800 Schüler auf dem
weitläufigen Seeberg unter Kontrolle zu haben, ergebe sich aber auch allein aus
pädagogischen Gründen. „Da unterscheiden wir uns überhaupt nicht von anderen
Schulen“, so Dolata. Wenn es in den vergangenen drei Jahren ohne Zaun ging,
dann allein deshalb, weil die bislang anderthalb genutzten Schulgebäude
überschaubar seien. Für ihren Campus plant die BBIS zunächst vier der sechs
bestehenden Seeberg-Bauten zu erwerben sowie Sport- und Freiflächen anzulegen.
Das Kaufinteresse der BBIS ist einer der wichtigsten Faktoren in der Rechnung,
die die bisher ungeklärte Zukunft des Seeberges lösen soll. Es ist längst ein
offenes Geheimnis, dass sich die Gemeinde müht, neben der Planungshoheit für
das Areal auch die Eigentumsrechte für das Gelände zu bekommen. So könnte sie
frei vom Vermarktungsdruck anderer den Seeberg als letzten geschlossenen
Grünzug behutsam entwickeln. Doch kann sie nicht die kompletten 46 Hektar von
der Deutschen Telekom kaufen, so dass die BBIS mit ihrem Interesse für einen
nicht unerheblichen Teil der Fläche mit im Boot sitzt. Daher blicken einige in
Kleinmachnow mit Sorge, wie viele Wellen geschlagen werden, ob das Boot zu
kentern droht oder jemand von Bord geht. BBIS-Manager Dolata jedenfalls läutet
die Alarmglocken: „Die Frage der Sicherheit ist für uns ein K.O.-Kriterium“,
die Schule hätte auf dem Seeberg nur eine Zukunft, wenn gewisse
Sicherheitsstandards gewährt sind.
Andererseits wird Dolata nicht daran gelegen sein, den attraktiven Standort
leichtfertig aufzugeben. Die gegenseitige Abhängigkeit scheint zu groß, um die
Zukunft eines Seebergs als Campus scheitern zu lassen. Daher wird auch in
dieser Frage das gefunden werden müssen, was für den gesamten Seeberg gesucht
wird: ein Kompromiss.