Potsdamer Neueste Nachrichten 23.04.05

Die Schlacht am Teltowkanal

Es war der 22. April 1945, als die 3. Gardepanzerarmee der 1. Ukrainischen Front den Raum Teltow-Stahnsdorf erreichte. Heimatforscher wie der Kleinmachnower Günter Käbelmann und Historiker wie Werner Stang aus Stahnsdorf bemühen sich durch Interviews mit Zeitzeugen, mit eigenen Erlebnissen, mit Archiv- und Literaturrecherchen, die Geschehnisse zu rekonstruieren.

Von Ruhlsdorf rollten an diesem Sonntagnachmittag die ersten russischen Panzer nach Teltow, wo sie kaum auf deutschen Widerstand trafen. Da die Brücken über den Teltowkanal gesprengt waren, bezogen die Deutschen schnell hinter den Kanal Stellung. Eingesetzt waren u.a. drei Volkssturmeinheiten aus Kleinmachnow, etwa 30 bis 50 Mann stark. Die Führung in diesem Frontabschnitt übernahm der Stab der 20. Panzergrenadierdivision, die allerdings nur noch geringe Kampfkraft besaß.

Ebenfall am 22. April erreichten russische Panzer in Stahnsdorf das Klärwerk und das Stadtgut, am nächsten Morgen war der gesamte Ort besetzt. Gekämpft wurde wenig, da auch hier die deutschen Truppen auf die andere Seite des Kanals auswichen. Einige Stahnsdorfer hatten die Panzersperren beseitigt, an mehreren Häusern – so an der Schule – hingen weiße Fahnen. Über Güterfelde rückte die Rote Armee an diesem Tag und in der folgenden Nacht bis Babelsberg vor.

Am 23. April wurden die Hauptkräfte der 3. Gardepanzerarmee der russischen Streitmacht an den Teltowkanal herangeführt, die durch eine Gardeschützendivision unterstützt werden sollte. Im Süden Teltows wurden Artillerieverbände mit Haubitzen und Geschosswerfern konzentriert. Auf einem Abschnitt von nur 4,5 Kilometern Länge entlang des Kanals wurden 1420 Geschütze und Granatwerfer in Stellung gebracht. Unterstützt wurde die Artillerie durch den Einsatz von Bomben- und Schlachtflugzeugen.

Die Artillerie begann am Morgen des 24. April mit den Kampfhandlungen unmittelbar am Teltowkanal. Danach versuchten die russischen Panzerkorps den Kanal zwischen Lankwitz und der Kleinmachnower Schleuse zu forcieren. Über der teilweise im Wasser liegende Rammrathbrücke und der Badewitzbrücke (heute Friedensbrücke) versuchten die Russen Brückenköpfe zu errichten, stießen aber auf heftigen deutschen Widerstand. Drei Fahrzeuge, die an der Badewitzbrücke die Überquerung schafften, wurden nahe der Hakeburg von einem deutschen Sturmgeschütz abgeschossen. Unter großen Verlusten konnten die Deutschen an diesem Abschnitt standhalten, während die Russen an der Wupperbrücke und an der Teltow-Werft-Brücke Brückenköpfe bildeten, die sie schnell zu einem einzigen, drei Kilometer breiten Brückenkopf verbinden konnten. Zugleich begannen Pioniere mit dem Bau von zwei Pontonbrücken, die am frühen Nachmittag fertig waren. Bis Tagesende hatten die russischen Truppen zwei Drittel von Kleinmachnow und den Süden Zehlendorfs besetzt. Am nächsten Tag, dem 25. April, war ganz Kleinmachnow in russischer Hand.

568 russische Soldaten sind auf den Friedhöfen in Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow beerdigt. 204 deutsche Gefallene, darunter viele in den Kiebitzbergen gefallene Volkssturmmänner, sind auf dem Kleinmachnower Waldfriedhof begraben. Im April/Mai 1945 kamen in Kleinmachnow 67Zivilisten durch die Kriegseinwirkungen ums Leben, 65 Einwohner suchten den Freitod, 38 wurden durch russische Soldaten erschossen. In Stahnsdorf starben 38 Zivilisten: 26 wurden erschossen, 12 begingen Selbstmord. Peter Könnicke