Potsdamer Neueste Nachrichten 14.04.05

Teltow: Weniger Steuern für Firmen?

CDU und FDP wollen Hebesatz deutlich senken / Stahnsdorfs Bürgermeister Enser: „Nicht hilfreich“

Teltow – Nach der begonnenen Diskussion in Teltow zur Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 190 Prozent plädiert der Kleinmachnower FDP-Ortschef Norbert Gutheins für ein einheitliches Vorgehen in der Region. Gutheins nennt die Teltower Diskussion „einen Vorstoß in die richtige Richtung“. Aber gerade im Hinblick auf die Forderung, die drei Kommunen als gemeinsames Zentrum und Wachstumskern einzustufen und deren Potenzial an Gewerbegebieten gemeinsam zu vermarkten, sollte Teltow nicht ausscheren.

Um an den Teltower Gewerbestandort mehr Unternehmen zu locken, diskutierte der Hauptausschuss während seiner jüngsten Sitzung Steuererleichterungen für potenzielle Investoren. Derzeit beträgt der Gewerbesteuerhebesatz in Teltow 320 Prozent, für Neuansiedlungen soll er fünf Jahre lang auf 190 gesenkt werden. Ein entsprechender Antrag wurde jedoch vom Hauptausschuss in die Fraktionen zurückverwiesen.

Vor allem die SPD-Fraktion zeigt sich skeptisch, befürchtet Rechtsstreitigkeiten und ein regionales Ungleichgewicht. FDP und CDU dagegen sehen die Zeit reif für eine solche Entscheidung. Denn die Idee mit niedrigen Hebesätzen bei Unternehmen zu punkten, ist nicht neu. Schon im vergangenen Jahr schlug Finanzausschusschef Peter Trog (CDU) vor, den Hebesatz um 30 Prozent zu senken. Abgelehnt wurde der Antrag seinerzeit, da nur 20 Prozent der Teltower Gewerbetreibenden diese Steuern zahlen.

Beim erneuten Vorstoß im Hauptausschuss berief sich FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz auf das Beispiel der Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg in Brandenburg. Der 640 Einwohner zählende Ort nordöstlich von Berlin hatte 2003 als eine von bundesweit vier Kommunen den Gewerbesteuerhebesatz auf Null gesenkt. Daraufhin siedelten sich in dem „Mini-Monaco“ 30 Betriebe an und bescherten dem Ort neben Arbeitsplätzen auch Einnahmen aus Nutzungsentgelten und Sonderzulagen in Höhe von 150000 Euro. Zuvor hatte die strukturschwache Gemeinde bei einem Hebesatz von 300 Prozent eine Gewerbesteuer von 13600 Euro erlöst, allerdings in einem Zeitraum von acht Jahren.

Doch das vermeintliche Steuerparadies sei nur von kurzer Dauer gewesen, weiß Teltows Erster Beigeordneter Thomas Koriath. Denn ab 1. Januar 2004 seien Städte und Gemeinden verpflichtet, sich an den Mindesthebesteuersatz von 200 Prozent zu halten. Gegen diese Vorgaben des Bundes habe die Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg geklagt, weil die nach ihrer Auffassung gegen das Recht der kommunalen Selbstverwaltung verstoßen würden. Klarheit soll nun das Hauptsacheverfahren beim Bundesverfassungsgericht bringen. Doch Koriath schätzt, dass die Klage der Gemeinde wohl wenig Erfolgsaussichten habe und mahnte deshalb, das Prozessergebnis lieber abzuwarten. Er machte zudem deutlich, dass nicht nur Neuansiedlungen bevorzugt werden dürften, sondern alle Gewerbetreibenden gleich zu behandeln seien. Bedenken hatte auch Frank Fromm (SPD): „Wenn Teltow jetzt mit einem Schlag aus der Norm ausschert, ist das gegenüber Kleinmachnow und Stahnsdorf das falsche Signal". Gegenrede von CDU-Fraktionschef Florian Lewens: „Wirtschaftsförderung ist auch Wettbewerb". Dem pflichtete FDP-Fraktionschef Goetz bei: Ausscheren sei besser als abzuwarten, was andere tun.

Als nicht hilfreich wertete Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) gegenüber den PNN den Teltower Vorstoß, den Hebesatz zu senken. „Das ist nicht im Sinne des Anspruches der drei Kommunen sich als ein Zentrum darzustellen“, erinnerte er. Zurzeit liege der Stahnsdorfer Gewerbesteuerhebesatz bei 340 Prozent, merkte Enser an, dass diese Vorgaben bisher zwischen den Verwaltungen der drei Kommunen abgestimmt wurden. Da ein Hebesatz auch der Finanzkraft einer Kommune entspreche und wichtig für die Schlüsselzuweisungen sei, müsse bei Änderungen vieles in Betracht gezogen werden, warnte Enser vor zu schnellen Entschlüssen.

Trotz seiner Fürsprache mahnte Kleinmachnows FDP-Ortschef Gutheins, die aktuelle Rechtslage anzuerkennen. Rechtssicherheit sei für Investoren ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor. „In allen drei Orten müssen jetzt gerechnet werden, bei welchem deutlich niedrigeren, zeitlich unbegrenzten und für alle Gewerbetreibenden geltenden Hebesatz das Aufkommen aus der Gewerbesteuer liegen könnte."

Kirsten Graulich/Peter Könnicke