Potsdamer Neueste Nachrichten 02.03.05

Die Kraft zur Nachhaltigkeit

Thailändische Schule braucht nach der Flut langfristig Hilfe. Kleinmachnow fragt, ob es die leisten kann

Kleinmachnow - Die Todesseuche Aids machte den Norden Thailands zu einer Region voller Waisen, was die gemeinnützige Internationale Akademie für innovative Pädagogik (INA) vor anderthalb Jahren veranlasste, in Chiang Mai die „Schule des Lebens“ aufzubauen. Der Tsunami war es, der im Süden Thailands hunderten Kindern die Eltern nahm. Im Ortskern der Stadt Namkem wurden bislang 50 Waisenkinder gezählt, niemand weiß genau, wie viele es insgesamt sind. Die Hälfte der 10000 Einwohner, die vor der Flutkatastrophe in Namkem lebten, ist tot. Nun will INA die Schule in Chiang Mai erweitern und eine zweite „Schule des Lebens“ aufbauen – wenn möglich mit Hilfe aus Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow.

Es war eine ihrer ersten Handlungen dieses Jahres, als die Stahnsdorfer und Kleinmachnower Gemeindepolitiker ihre Bürgermeister beauftragten sich zu erkundigen, wie nachhaltig im südasiatischen Katastrophengebiet geholfen werden kann. Die Organisation Internationale Weiterbildung und Entwicklung, die mit dem Städte- und Gemeindebund kooperiert, schlug den Kommunen wie auch dem Landkreis Potsdam-Mittelmark ein Engagement für das thailändische Schulprojekt vor. Am Montag nun berieten die Mitglieder des Kleinmachnower Hauptausschusses, wie der Aufbau der „Schule des Lebens“ in nacktem und Chiang Mai unterstützt werden kann.

Am Ende der Aussprache zeigte sich der PDS-Abgeordnete Klaus-Jürgen Warnick „nicht glücklich, wie wir diskutieren“. Denn den Volksvertretern fiel es schwer zu definieren, wie langfristig die Hilfestellung ihres Ortes sein soll. Die Frage ist nicht unbegründet. Unter dem Eindruck der Katastrophe im vergangenen Dezember wurde die Initiative „Kleinmachnow hilft direkt“ ins Leben gerufen, mit dem Ziel, Spenden und Ideen zur Hilfe von Einwohnern, Schulen, Vereinen, Parteien und Kirchengemeinden zu bündeln und zu koordinieren. Man war sich einig, dass es langfristiger Hilfe bedarf und man prüfen sollte, ob mit Teltow und Stahnsdorf gemeinsam die Patenschaft für ein Hilfsprojekt übernommen werden sollte. Doch nun sorgt sich SPD-Gemeindevertreter Jens Klocksin, die „ambitionierten Ziele könnten an mangelnder Kontinuität scheitern. „Wir können nicht prognostizieren, wie spendenfreudig die Kleinmachnower sein werden“, stimmte Nina Hille zu. Doch sei die „Schule des Lebens“ das Langzeit-Projekt, „das wir uns vorgestellt haben.“ Hingegen meldete PRO-Vertreter Mathias Kleemann vorsichtig Zweifel an der endlosen Spendenfreude der Kleinmachnower an. Wie Klocksin plädierte er für einen festgelegten Zeitraum der Direkthilfe. Klocksin: „Wenn wir ein Jahr durchhalten, sind wir gut.“ Bestätigt fühlten sie sich, als Bürgermeister Wolfgang Blasig – sichtlich geniert – den aktuellen Stand des Kleinmachnower Spendenkontos nannte: 3000 Euro. Seit drei Wochen seien keine Eingänge mehr zu verzeichnen, was den SPD-Vertreter Wolfgang Schirmer zu der Feststellung veranlasste: „Der große Boom ist vorbei.“

Die „Schule des Lebens“ in Chiang Mai beherbergt derzeit 58 Kinder. Nach dem Ausbau sollen 120 Waisen betreut werden. Die Shaul und Hilde Robinsohn Stiftung hat in Deutschland die Spendenverwaltung für das Projekt übernommen. Rita Haberkorn vom Stiftungsvorstand beziffert die Kosten für den Ausbau der Schule in Chiang Mai für dieses Jahr auf 377000 Euro. Hinzu kommen jährlich 242000 Euro für den laufenden Schulbetrieb. Haberkorn konnte gestern gegenüber den PNN keine genaue Zahl deutscher Kommunen nennen, die den Aufbau der beiden Schulen unterstützen.

„Wir sind unter vielen“, weiß hingegen Kleinmachnows Bürgermeister Blasig um eine starke Solidar-Gemeinschaft. Er fand nichts „Ehrenrühriges“ an der Abwägung des Hauptausschusses, ob sich Kleinmachnow mit einer Zusage übernimmt, sich langfristig finanziell zu engagieren. Das Gremium empfahl der Gemeindevertretung, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Kleinmachnow der „Schule des Lebens“ helfen kann. Mit auf den Weg gegeben wurde das Signal von Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser. Der hält einen regionalen Ansatz für die Nachhaltigkeit des Engagements für wünschenswert. Peter Könnicke