Potsdamer Neueste Nachrichten 17.12.04

Anspruch auf Qualität

Die Kleinmachnower sind zufrieden mit ihrem Ort – aber auch besorgt, den hohen Standard zu halten

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow - Wenn sich jemand fragt, warum in den vergangenen Jahren so viele Menschen nach Kleinmachnow gezogen sind, weshalb der Ort oft als nobel bezeichnet wird oder wieso hier die Grundstücke so teuer sind wie nirgendwo anders in der Mittelmark, der bekommt jetzt eine Antwort von den Einwohner selbst: Kleinmachnow bietet ein Wohnumfeld zum Wohlfühlen. Der Charakter einer Waldgemeinde und die einstige Großzügigkeit der Grundstücke verleihen Kleinmachnow einen Reiz, den Einwohner zu schätzen wissen. Mit einer Gesamtnote von 2,5 schrieben 630 Kleinmachnower bei der Umfrage „Wohlfühlen in Kleinmachnow“ ihrem Ort ein Zeugnis, das Zufriedenheit ausdrückt.

Als Ende des 18. Jahrhundert Berlin begann, ins Umland zu drängen, gab die Natur die Richtung vor: „Wirkliche Naturschönheiten sind vorhanden, man muss sie nur aufsuchen“, schrieb der Stadtentwickler Johann Anton Wilhelm von Carstenn. Wenn die Kleinmachnower heute ihr Wohnumfeld mit einer 1,9 bewerten, liegt das auch an dem noch immer vorhandenen Naturbestand, der reichhaltiger ist als in anderen Kommunen. Doch einher geht die Mahnung in den Wünschen vieler Kleinmachnower, das Grün des Ortes zu erhalten und weniger zu bauen. Nach 15 Jahren rasanter Entwicklung, unter der Kleinmachnow schwer zu atmen begann, ist es für viele Einwohner an der Zeit, Luft zu holen.

Gemessen am Grundgefühl der Zufriedenheit erscheinen die schlechteren Ergebnisse als Beleg, dass man an einen Ort mit den Qualitäten Kleinmachnows auch hohe Ansprüche stellt. Denn eine 2,9 für das Kulturangebot im Ort ist an sich kein schlechter Wert – Stahnsdorf kam bei dieser Frage im Vorjahr eine 3,9. Doch in der Kleinmachnower Wohlfühl-Matrix ist es das zweitschlechteste Ergebnis. Nur der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) wird mit einer 3,3 schlechter bewertet. Vor allem eine unzureichende Anbindung nach Berlin und schlechte Taktzeiten des Busverkehrs werden beklagt. Die besonders in Kleinmachnow geführte Diskussion über das Für und Wider der Stammbahn, der Wunsch nach einem Citybus, das Hoffen auf die Schleusenbrücke, das Verlangen nach Nachtbussen oder auch der zwangsläufige Blick zum künftigen S-Bahnhof in Teltow, der zeitraubende Arbeitsweg nach Berlin oder Potsdam – all dies drückt sich in dem negativen Ergebnis zum ÖPNV aus.

Durchaus überrascht ist Bürgermeister Wolfgang Blasig – Schirmherr der Umfrage – über die Note für seine Verwaltung, Mit einer 2,6 wird die Dienstleistungsqualität in den Kleinmachnower Amtsstuben bewertet. Doch ist die komplette Bandbreite der vergebenen Noten – von 1 bis 6 ist alles vertreten – deutlicher Fingerzeig, dass es Kleinmachnower gibt, die nicht gut auf die Rathausriege zu sprechen sind. Der mehrmals geäußerte Wunsch nach mehr Transparenz spricht für so manchen Argwohn im Ort. Die gläserne Fassade des neuen Rathauses ist daher für viele Kleinmachnower ein hoffnungsvolles Symbol, mehr Durchblick zu bekommen.

Das überraschendste Resultat ist der recht hohe Zufriedenheitsgrad mit dem Angebot an Kitas und Schulen. Während die Gemeindepolitiker dringenden Bedarf für eine dritte Grundschule sehen und diese auf dem Seeberg bauen wollen, geben sich zumindest die Teilnehmer der Wohlfühl-Umfrage mit dem bestehenden Angebot zufrieden. Tatsächlich ist die Kleinmachnower Schullandschaft mit zwei Grundschulen, einem Gymnasium, einer Gesamtschule, der Waldorfschule, der evangelischen Grundschule und der Internationalen Schule reich markiert. Ein wenig unterstreicht die Einschätzung des Versorgungsgrades an Bildungsstätten die Argumentation etlicher Gemeindevertreter, die vor allem an den beiden bestehenden Grundschulen die Kapazitäten zwar als vorhanden, aber dermaßen eng sehen, dass sie dafür plädieren, mit einer weiteren Schule die Situation wesentlich angenehmer und entspannter zu gestalten – vor allem für die Kinder.

Angenehm ist es inzwischen, in Kleinmachnow einkaufen zu gehen. Mit einer 1,6 gaben die Kleinmachnower diesem Kriterium die beste Note. Mit über 20 Geschäften allein am Rathausmarkt, einem halben Dutzend Supermärkten und kleineren Subzentren im Ort können sich die Einwohner als voll versorgt betrachten.

Ein Ruhepolster ist ein gutes Zeugnis noch nie gewesen – im Gegenteil: es verpflichtet. Denn der Blick in den Spiegel ist lediglich eine Momentaufnahme. Schon wird in Kleinmachnow eifrig weiter debattiert: wie der Verkehr im Ort gestaltet, ob ein Baumarkt gebaut werden, was mit dem Seeberg geschehen soll. Es wird darum gerungen, das Freibad zu retten und die Kammerspiele als Kulturstätte zu erhalten. Bei all den Antworten, die dafür gesucht werden, ist das Ergebnis von „Wohlfühlen in Kleinmachnow“ ein Gradmesser: Es wird Qualität verlangt.