Potsdamer Neueste Nachrichten 09.11.04

Blühende Landschaft im Mauerstreifen BUND lobt Naturprojekt in Kleinmachnow

Kleinmachnow - Die Mauer als Garant für blühende Landschaften – was zuerst paradox klingt, am Rande von Kleinmachnow wurde es wahr. Die vielfältige Pflanzenwelt, die sich an der Grenze zu Berlin vor und nach der Wende entwickelt hat, hat Naturschützer Gerhard Casperson gezählt und aufgeschrieben. Jetzt ist der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Berlin auf das Projekt aufmerksam geworden und hat eine zweite Auflage von Caspersons Pflanzenkartierung herausgegeben.

15. Jahrestag der Maueröffnung. Für Gerhard Casperson heißt das 15 Jahre intensiver Naturbeobachtung – eine einmalige Leistung, die der BUND nun würdigt: „Eine solche Arbeit gibt es für den gesamten Mauerstreifen um Berlin nicht nochmal“, sagt BUND-Naturschutzreferent Herbert Lohner. Gleichzeitig gelte Kleinmachnow auch als Musterbeispiel für die Gefahren, die der Pflanzenwelt an der Berliner Stadtgrenze drohten.

Über 400 Pflanzenarten hat Casperson auf seinen zahlreichen Spaziergängen durch den Buschgraben entdeckt, darunter seltene wie das Echte Tausendgüldenkraut und das Raue Vergissmeinnicht. Schon 1992, als der Buschgraben zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde, lieferte Casperson ein Gutachten. In dem Gebiet am Erlenweg wucherte vor der Wende die Vegetation im Niemandsland, ein Stück nördlich davon wurde die Erde von den Grenzposten vegetationsfrei gehalten. Doch auch diesen Streifen hat die Natur sich in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten zurückgeholt.

Allerdings: Viele Pflanzenarten sind in der Zwischenzeit wieder verschwunden. Manche wurden durch Grasbewuchs abgelöst – ein normaler Prozess –, andere haben unter der Zunahme mancher Tiere gelitten. Die größte Gefahr stellt aber der Mensch dar. Ein Teil der Fläche ist in Privathand, und der Besitzer, ein Architekt aus Hamburg, plant laut Casperson eine Bebauung. Bevor dies geschehen kann, müsste allerdings die Gemeindevertretung den Flächennutzungsplan ändern. Bis das geschieht, hofft Gerhard Casperson auf den Sieg der Natur. Der Grünstreifen von Bäketal und Buschgraben sei wichtig für das Mikroklima. Denn ohne ihn würden zum Beispiel die stärkeren Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, wie sie charakteristisch für ländliche Gegenden sind, verloren gehen. Volker Eckert