Potsdamer Neueste Nachrichten 13.09.04

Protest statt Euphorie

Gegner des Schleusenausbaus begrüßen neuesten Kompromissvorschlag und versprechen Wachsamkeit

Kleinmachnow – Der Kompromissvorschlag von Bauminister Frank Szymanskis (SPD)zum Ausbau der Kleinmachnower Schleuse (PNN v. Wochenende) ist für die Gegner des Projektes kein Grund zur Entwarnung. Der Ansatz, die Nordkammer der Schleuse auf 115 Meter statt auf 190 Metern auszubauen, sei durchaus ein erfreuliches Signal, meinte Gerhard Hallmann von der Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft Machnower Schleuse" am Sonnabend auf einer Demonstration am Rathausmarkt. Aber er könne nicht ganz ausschließen, dass es sich so kurz vor den Landtagswahlen auch um ein Täuschungsmanöver handeln könne, sagte Hallmann vor über 100 Demonstranten.

„Wir müssen vorsichtig sein gegenüber dem, was Politiker uns versprechen", forderte er auf, im Protest gegen den überdimensionierten Ausbau der Schleuse nicht nachzulassen. Denn nach wie vor gebe der Planfeststellungsbeschluss dem Wasserstraßenbauamt das Recht zu handeln, obwohl bisher nicht nachgewiesen wurde, ob das 50 Millionen Euro teure Großprojekt überhaupt gebraucht werde. Wichtig sei deshalb, dass der Beschluss ausgesetzt werde, um das Vorhaben neu bewerten zu können, erinnerte Hallmann an zahlreiche Briefe und Demonstrationen in den letzten sechs Jahren gegen die Wasserbaubürokratie. Hallmann beklagte, dass bisher alle gegen den Ausbau vorgebrachten Argumente von Seiten der Bundesregierung ignoriert worden seien, obwohl das Land Berlin deutlich andere Handlungsmaxime gesetzt hat. So baue Berlin die Schleusen zum Westhafen, in Spandau und Charlottenburg nur auf 115 Meter aus. Ignoriert worden sei bisher auch, dass die Schleusen in Richtung Polen kürzer sind als die vorgesehene 190-Meter lange Schleuse für Kleinmachnow. Zudem werde seit langem das für das Verkehrsprojekt prognostizierte Transportaufkommen stark angezweifelt, der Bund selbst musste seine Zahlen jüngts nach unten korrigieren.

Auch die Bündnisgrüne Barbara Sahlmann warnt: „Hier werden nutzlos Gelder in den Teltowkanal versenkt, der dann am Ende des Baues ein Blinddarm in der Landschaft sein wird". Doch statt das 1992 geplante Megaprojekt zu korrigieren, wolle sich die Bundesregierung auch für die Zukunft den größtmöglichen Ausbau der Wasserstraße offenhalten, vermuten nicht wenige Gegner. Ihre gemeinsame Sorge gilt vor allem der einmaligen Landschaft am Machnower See, die das Großprojekt zerstören würde. Dort sind bereits mehr als hundert Bäume zur Fällung gekennzeichnet. Darunter viele Altbäume, die die Landschaft prägen und ohne die auch der übrige Baumbestand schutzlos dem Wind ausgeliefert sei, wie Gerhard Casperson auf der anschließenden Wanderung erläuterte.

Trotz Regenschauer folgten viele Demonstranten dem Aufruf der Initiatoren sich selbst ein Bild davon zu machen, was nicht nur ihnen, sondern künftigen Generationen an Landschaft verloren ginge, würde das Vorhaben nicht gestoppt. Mit großen Bauchbinden aus bunt bemaltem Papier waren einige Bäume am Ufer drapiert. Darauf Texte, die Spaziergänger über die geplanten Fällungen aufklären. Mehrere Demonstranten versprachen an diesem Vormittag, dass sie in den nächsten Wochen ein wachsames Auge auf die Uferzone haben werden und auch davon, sich notfalls anzuketten, wenn das Fällkommando anrücken sollten.

Denn noch ist nicht sicher, ob Bauminister Szymanskis Vorschlag zum kleineren Schleusenausbau bei Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) auf offene Ohren trifft. Auch die Kleinmachnower Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm (Grüne) warnte am Sonnabend vor zuviel Euphorie. Die Einsicht in der Landesregierung stimme zwar hoffnungsvoll, aber es gebe noch keinen Grund zum Feiern, so Behm. Auch Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) sah mehr einen Grund, die Demonstranten zu ermuntern: „Sie wissen jetzt, wie stark Sie sein können!". Kirsten Graulich