Potsdam - Mittelmark

20.03.2004

 

 



„Das Projekt ist gescheitert“

Die GeWoG vermietet weniger Sozialwohnungen als erhofft. Nun soll sie Gemeindezuschüsse zurückzahlen

Von Peter Könnicke

Kleinmachnow. Die Sache war gut gemeint und die Aussichten günstig: Als die Kleinmachnower Gemeindevertreter vor anderthalb Jahren beschlossen, den Bau und die Vermietung von altersgerechten und behindertenfreundlichen Wohnungen im neuen Ortszentrum zu fördern, ging man von einem rasanten Zugriff auf das Angebot aus: Von 120 Interessenten war damals die Rede. Und so beschlossen die Abgeordneten, den sozialen Wohnungsbau mit 1,57 Millionen Euro aus der Gemeindekasse zu unterstützen.

Jetzt, wenige Tage vor der Einweihung des imposanten Ortszentrums, sieht die Situation etwas anders aus: Von den 52 Quartieren sind 30 vermietet, das Interesse ist merklich zurückgegangen. „Das Projekt ist gescheitert“, konstatiert der WIR-Abgeordnete John Banhart. „Ein Flop.“ Der Kauf der Wohnungen durch die Gemeindetochter GeWoG sei seinerzeit ohnehin ein „Gefälligkeitsgeschäft“ für Kondor Wessels gewesen, wagte Banhart eine riskante wie pikante These. Denn den als Investor im Ortszentrum tätigen Baukonzern hätten Schwierigkeiten geplagt, Wohnungen und Läden zu vermarkten. Unter der „treibenden Kraft des Bürgermeisters“ (Banhart) sei die Gemeinde dem Konzern zur Seite gesprungen – mit einem viel zu hohen Preis, wie auch der CDU-Parlamentarier Felix Enneking moniert. „10 Millionen Euro für 4500 Quadratmeter sind viel zu teuer“, befindet er. Führung und Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GeWoG) hätten einem „solchen Geschäft keinesfalls zustimmen dürfen“, rügt Enneking heute. Als „grob fahrlässige“ Fehlinformation wertet FDP-Gemeindevertreterin Kornelia Kimpfel die einstige Prognose von über 100 Interessenten. Dass die Resonanz für die Sozialwohnungen dürftiger ausfiel als erhofft, liege schließlich auch am Preis. Bei 95 Quadratmetern sei die Miete von 6,75 Euro letztlich zu hoch. „Die keinesfalls kleinen Wohnungen sind nicht wirklich altersgerecht“, meint Enneking.

Wo kein Bedarf für Förderung ist, müsse auch nichts gefördert werden, schlussfolgerten die Parlamentarier in den Reihen von CDU, FDP, UBK, WIR. Auch die Grünen und die Sozialdemokraten befürchten eher Leerstand als Komplettbelegung. Daher wurde sich in der Gemeindevertretersitzung am Donnerstag bemüht, einen Teil der Millionen-Förderung zurück zu holen. Gegen den Widerstand der Abgeordneten von PDS, PRO und Lokalunion, jenem Flügel der Gemeindevertreter, der sich aus Alt-Parlamentariern rekrutiert und die sich einst für den Sozialwohnungsbau aussprachen. „Wir haben jahrelang gekämpft, für sozial Schwächere zu bauen“, wehrte sich Mathias Kleemann (PRO) gegen einen Kurswechsel. Klaus-Jürgen Warnick, eifriger Verfechter geförderten Wohnungsbaus, geißelte eine „unredliche Argumentation“. Er vermisse auf der Gegenseite Ideen, wie die Wohnungen vermietet werden können. Durch eine Änderung der Vergabekriterien – bislang sind lediglich Kleinmachnower, die fünf Jahre im Ort leben, älter als 60 sind und ein Einkommenslimits nicht übersteigen bezugsberechtigt – ließe sich das Angebot aufrecht erhalten. Es ließe sich durchaus auf Teltower und Stahnsdorfer berechtigte erweitern. „Doch lieber wird sich über die jetzigen Schwierigkeiten gefreut“, mutmaßt Warnick. Die Vermietungsprobleme der GeWoG seien als willkommene Geldquelle entdeckt worden: Mit dem geforderten Rückfluss des einst gewährten Gemeindezuschusses ließen sich trefflich Wahlversprechen wie eine dritte Grundschule bezahlen, vermag Warnick die vermeintlich wahren Absichten aufzudecken. Dass damit die GeWoG als Gemeindeunternehmen, das „wir jahrelange gefüttert haben, um stabile Mieten in Kleinmachnow zu haben, in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werde, würde wohl billigend in Kauf genommen. Ähnlich grummelte auch Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD), gleichwohl er offiziell die Sorge um einen Leerstand der Sozialwohnungen legitim nannte. Allerdings habe das Angebot vor allem in den vergangenen Wochen enormen Zuspruch erfahren: Waren vor einem Monat erst 19 Wohnungen vermietet, sind es inzwischen 30. Für zwei weitere gibt es Optionen. „Es ist eine Entwicklung erkennbar“, so Blasigs leiser Appell, keine vorschnelle Entscheidung zu treffen.

Überzeugen ließ sich die Mehrheit der Gemeindevertreter jedoch nicht. Zwar stritten sich CDU und SPD über den Weg, wie ein Teil der bereits gewährten Gemeindeförderung von der GeWoG zurückfließen soll. In der Sache indes blüht Einigkeit. So herrscht zwischen beiden Parteien sowie bei den Grünen und UBK/WIR Konsens, dass sich die GeWoG in den nächsten beiden Jahren bemühen soll, jeweils 250 000 Euro an Rücklagen zu bilden und an die Gemeinde zu zahlen. Zu dieser Regelung rang sich bereits am Montag der GeWoG-Aufsichtsrat durch – wohlwissend um die Höhe der finanziellen Hürden. Zudem stimmte der Aufsichtsrat zu, nicht alle der 52 Wohnungen wie vereinbart als Sozialwohnungen zu vermieten und daher auf den Gemeindezuschuss zu verzichten. Hierbei sind sich CDU und SPD jedoch uneins. Erstere beantragten, 22 Wohnungen von der Belegungsbindung freizustellen und dafür den Zuschuss von je 12 500 Euro zurückzufordern. Die SPD will für 20 Wohnungen Geld zurück. Kurios: In geheimer Abstimmung fanden beide Anträge eine Mehrheit. Bürgermeister Blasig hat nun die Aufgabe zu bewerten, welcher Beschluss weitreichender ist.