MAZ 18.08.09

 

TIERE: Angst vor „wildem Westen“

Experten: Schüsse in Wohngebieten lösen Problem der Wildschweinplage nicht

KLEINMACHNOW - Zwischen den Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf herrscht Uneinigkeit darüber, wie die Wildschweinplage in den Orten eingedämmt werden kann. Wie Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger) gestern gegenüber der MAZ noch einmal betonte, wird er ab dem 1. September drei „Gemeindejäger“ damit beauftragen, die Tiere in Straßen und Gärten zu jagen. Bei jedem Schuss habe aber die Sicherheit der Anwohner oberste Priorität. Deshalb habe er auch „keine Heißsporne“ engagiert, sondern „versierte Jäger“.

Albers wiederholte sein Angebot an die Kleinmachnower, sich ebenfalls der Stahnsdorfer Gemeindejäger zu bedienen. „Das wäre sinnvoll, weil die Wildschweine keine Grenzen kennen und die Dezimierung des Bestandes nur gemeinsam dauerhaft gelingen kann.“ Die Jäger sollen für erlegte Frischlinge eine Prämie erhalten, weil sie die jungen Tiere nicht verwerten können. An eine „geringe Aufwandsentschädigung“ sei ebenfalls gedacht, so Albers.

Kleinmachnows Ordnungsamtsleiter Ekhard Dehne sieht den Stahnsdorfer Weg skeptisch. „Wir haben mit Jägern gesprochen, die eindeutig abgeraten haben, in den Ortslagen zu schießen“, sagte Dehne gestern zur MAZ. Er fühle sich bei dem Gedanken auch deshalb „nicht wohl“, weil ein Risiko, dass Menschen zu Schaden kommen, gegeben sei. „Wir wollen hier keinen wilden Westen.“

Die Bedenken gegen das Schießen in Wohngebieten werden auch von Fachleuten geteilt. Jäger aus Kleinmachnow sagten der MAZ, „dass das Problem der Wildschweinplage auf diese Weise niemals gelöst werden kann“. Gefordert sei vielmehr „ein Bündel von Maßnahmen“.

Dazu gehöre vor allem, die Rückzugsgebiete der Tiere – die sogenannten Einstände – ausfindig zu machen und den Weg dorthin zu versperren. Dabei handelt es sich in erster Linie um verwilderte und nicht eingezäunte Grundstücke, die als ideales Versteck von Wildschweinen aufgesucht werden. „Wenn von einem solchen Grundstück eine potenzielle Gefahr ausgeht, dann muss es möglich sein, die Eigentümer zu zwingen, dagegen etwas zu tun.“ In Frage kämen Einzäunung oder Rodung.

Stahnsdorfs Bürgermeister Albers weist dagegen darauf hin, dass es keine „Einfriedungspflicht“ gebe, der Gemeinde also nur Appelle an den guten Willen der Eigentümer blieben. „Und das haben wir mit geringem Erfolg in den vergangenen Monaten gebetsmühlenartig getan.“

Größere Chancen sieht Ordnungsamtsleiter Dehne. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir Grundstückseigentümer, die ihren Pflichten nicht nachkommen, belangen können.“ Auch das Füttern der Tiere, das immer wieder vorkomme, müsse aufhören, so Dehne. Wenn ihm solche Fälle bekannt würden, gebe es eine Meldung an die Untere Jagdbehörde. „Die muss dann handeln.“

Ein weiterer Teil einer erfolgreichen Strategie kann laut Experten das Aufstellen von Lebendfallen sein. Allerdings habe sich in Kleinmachnow gezeigt, wo zwei dieser Fallen aufgestellt worden waren, dass der Erfolg eher gering sei. Unbedingt müsse aber stärkerer Druck auf Jäger in den Berliner Forsten ausgeübt werden. „Von dort strömen die Wildschweine nach Kleinmachnow und Stahnsdorf, aber auf Berliner Seite wird viel zu wenig gegen die Tiere unternommen.“ (Von Jürgen Stich)