MAZ 19.06.09

 

AUSSTELLUNG: Tolle Triebe im „Treibhaus“

Früheres Kanalarbeiter- und Gärtnerhaus in Kleinmachnow inspiriert Künstler zu Projekten

KLEINMACHNOW - Bücher werden durchbohrt, Wände bemalt, Gesichter gesägt. In einem alten Giebeldreieck hängen ein paar Affen lässig über den Mauervorsprung – eine Mischung aus Schimpanse, Pavian und Rhesusaffe.

Seit Montag arbeiten insgesamt 14 Künstler der Region im Rahmen des diesjährigen Art Event im ehemaligen Kanalarbeiter- und Gärtnerhaus am Zehlendorfer Damm 200 in Kleinmachnow. Zur Vernissage morgen präsentieren sie, was in den vergangenen Tagen dort entstanden ist.

Der Ort ist wieder einmal treffend gewählt, um den künstlerischen Geist zu inspirieren und der Idee des gemeinschaftlichen Schaffens einen besonderen Raum zu geben. Das Haus, in dem zuletzt Joseph Schöwel, der langjährige Besitzer der benachbarten Gärtnerei, lebte, steht seit Jahren leer. Doch Schöwels Geist scheint plötzlich wieder überall präsent. Schon der Titel „Treibhaus“ steht für die gärtnerischen Ambitionen seines letzten Bewohners.

Angelehnt daran treiben so manche tolle Triebe aus den einzelnen Räumen des Erdgeschosses. Dort wird in unterschiedlicher Manier ganz emsig gepinselt, geklebt, geschnörkelt, gehängt und zusammengesetzt, was die Auseinandersetzung mit diesem Ort für jeden ganz individuell hergab.

Der alte Schöwel, der noch immer in der Gärtnerei nebenan aktiv ist, erfährt mehrfach Beachtung. Zum einen in Porträts, die ihn samt seinen Trieben – seiner Familie – zeigen. Anderswo werden zwei recht ungewöhnliche Aspekte aus dem Leben des Gärtners aufgegriffen. Eine transparente Stoffbahn mit Worten zum sich treiben lassen, umkreist von Vögeln, symbolisieren den Urlaub, den Schöwel 50 Jahre lang nicht hatte. Ein Text an der Wand und ein raumhoher Bücherturm, mit Wägners Werk „Hellas“ nicht nur zufällig auf der Antike fußend, zeugen von intensiver gedanklicher Auseinandersetzung mit Zahlen und ihnen zugeordneten Einheiten sowie deren Wertigkeiten. Die Inspiration dazu lieferte die ungeheuere Zahl von 10 000 Büchern, die Schöwel besitzen soll.

Was am Zehlendorfer Damm derzeit aus Mauern und Gedanken treibt, überzeugt und zeigt einmal mehr, wie vielfältig die Künstlerszene in der Region ist und wie sie diese belebt.

Ausstellung „Treibhaus“, Kleinmachnow, Zehlendorfer Damm 200 20. bis 27. Juni, 15 bis 18 Uhr. Vernissage: morgen 15 Uhr. (Von Mandy Mamedow)