MAZ 13.03.09

 

Aus dem Yachthafen wurde nichts

Geschichte Vor 100 Jahren gründete sich in Berlin die Gesellschaft zur Entwicklung der Villenkolonie Dreilinden

Ein großer Plan - bebaut wurden aber nur einige Straßenzüge westlich des  Bahnhofs.Bildvergrößerung

Ein großer Plan - bebaut wurden aber nur einige Straßenzüge westlich des Bahnhofs.

KLEINMACHNOW - Nordwestlich der Gemeinde Kleinmachnow liegt ihr Ortsteil Dreilinden, gegründet am 17. März 1909 als Siedlungsidee. Damals wurde die „Kolonie Dreilinden GmbH“ ins Berliner Handelsregister eingetragen, die das Terrain westlich des Havelwegs (heute Stahnsdorfer Damm) in eine Villenkolonie verwandeln wollte. Dazu sicherte sie sich ein 200 Morgen großes Teilgrundstück an der projektierten Trasse für die Eisenbahnlinie von Wannsee zum Südwestkirchhof Stahnsdorf.

Der Kaufvertrag wurde, wie Heimatforscher Klaus-Dieter Franzke herausfand, am 30. Oktober 1909 über 128 Hektar zum Preis von 700 000 Mark abgeschlossen. Gleich darauf begann die Gesellschaft mit der Entwicklung des Siedlungsplans für die Kolonie.

Der Name Dreilinden leitete sich vom benachbarten Forstetablissement Heidekrug ab, das wegen dreier vor seiner Tür stehender Linden ab 1833 Forsthaus Dreilinden genannt wurde. Bald hieß die ursprünglich als Heinersdorfer Heide (heute Düppeler Forst) bezeichnete Waldparzelle Forst von Dreilinden.

Prinz Friedrich Karl hatte das Areal 1859 für 95 000 Taler als Jagdbegang gekauft. Zehn Jahre später ließ der in Forstkulturen und Wildbeständen erfolgreich Wirtschaftende neben dem Forst- ein Jagdhaus bauen, dessen namensgebende Linden Balduin Möllemann dichterisch besang: „Das Flüstern dreier Linden grüßt mich glücklich jeden Morgen.“

Die im Schweizerstil aufgeführte und als Schloss bezeichnete zweigeschossige Villa war im oberen Stock von Holzbalkonen umzogen, auf denen Sprüche standen wie „Klein, aber mein“. Hier befanden sich die mit Jagd- und Kriegserinnerungen geschmückten Zimmer des Prinzen, wo er Tafelrunden abhielt, zu deren Gästen auch Theodor Fontane gehörte. Dieser erklärt, „daß wir (...) ein und demselben Namen dreifach begegnend, eine Forst (...) ein Forsthaus (...) und endlich drittens ein Jagdhaus von Dreilinden unterscheiden müssen“. Während es die ersten beiden noch gibt, wurde das Jagdhaus 1954 wegen Baufälligkeit abgerissen.

Die mit jenem Dreifachnamen bezeichnete Kolonie sollte – laut Plan von 1910 – vom Teltowkanal aus in Dreiecksform gestaltet und durch drei in Nord-Süd-Richtung verlaufende Grünzüge gegliedert werden. Potenziellen Käufern wurde suggeriert: „Baureife Waldgrundstücke in jeder Größe an fertigen Straßen, Gas, elektr. Licht, Wasser und Kanalisation vorhanden. Verbindung mit Berlin durch Stadt- und Wannseebahn.“

Für die Kolonie waren auch Rathaus, Kirche, Schule, Einkaufszentrum, Sportanlagen und Yachthafen geplant. Insgesamt rechnete man mit etwa 1200 Parzellen für 8000 Menschen. Dabei verzeichnete Kleinmachnow damals nur rund 400 Einwohner. Der Absatz an Grundstücken stockte. So entstand 1913 lediglich der Bahnhof Dreilinden an der dampfbetriebenen Friedhofsbahn und ein Eisenbahnerwohnhaus (Teerofendamm 101).

Erschwerend wirkte, dass es 1909 nur Vorverträge gab und sich die Kaufverhandlungen bis 1922 hinzogen. Ungeachtet dessen hatte man bereits Parzellen verkauft, die ohne rechtsgültigen Abschluss nicht ins Grundbuch eingetragen wurden. Manche Siedler fanden nicht einmal eine abgesteckte Fläche vor und mussten selbst parzellieren und roden.

Die eigentliche Besiedlung begann 1923, wenn auch unter schwierigsten Bedingungen. Die Kolonie war nur über einen unbefestigten Waldweg zu erreichen, und die Friedhofsbahn beförderte kein Baumaterial. Findlinge aus der Eiszeit und Schlickaufschüttungen vom Bau des Teltowkanals erschwerten die Arbeiten. Meist entstand nur ein Schuppen, dem später ein vormontiertes Holzhaus folgte. In der 1933 erschienenen „Festschrift zum 10-jährigen Bestehen der Siedlervereinigung Dreilinden“ wurden die Probleme der sich selbst überlassenen Kolonisten aufs Korn genommen.

Nach Elektrifizierung der Friedhofsbahn 1928 vergrößerte sich die Zahl der Ausflügler, die wie Fontane erkannten, dass Dreilinden „den landschaftlichen Reiz“ der meisten „zwischen Potsdam und Spandau gelegenen Ortschaften“ übertrifft. Oberhalb des Bahnhofs entstand das Wirtshaus Dreilinden, ab den 60er Jahren Konsum, und am Bäkehang die Gaststätte „Dreimäderlhaus“, zu DDR-Zeiten Kulturhaus und Spielstätte des Landfilms.

Nach Zweitem Weltkrieg und Mauerbau wurde der Kleinmachnower Ortsteil Sperrgebiet. Hier befanden sich die Grenzübergangsstelle (GÜST) Dreilinden-Drewitz, der Checkpoint Bravo, und die GÜST „Wasser“ – Kontroll- und Wachturm sind noch vorhanden. (Von Josef Drabek)