MAZ 09.03.09

 

Alternativ und selbstbewusst

Gesundheit Naturheilkunde zieht vor allem Frauen an / Kongress in Kleinmachnow

 

KLEINMACHNOW - Mit einer Leistungsschau hat sich die Szene der Naturheilkundler aus der Region am Samstag im Kleinmachnower Rathaus präsentiert. Dass die Heilpraktiker und die anderen Ausstellenden, darunter Yogalehrerinnen, Hebammen und ein Ergotherapeut, mit ihren Angeboten den Nerv – oder auch Meridian – der Zeit treffen, wird auch aus den Besucherzahlen deutlich. Organisatorin Doris Rauschert hoffte, die Besucherzahlen von etwa 350 Gästen im letzten Jahr auf 600 heben zu können.

Deutlich wurde: Die Szene ist in den vergangenen sieben Jahren – so lange besteht die Messe – vielfältiger geworden. Das klassische Repertoire der meisten Heilpraktiker in der Region – Fußreflexzonentherapie und Reiki, Energieübertragung durch Handauflegen – wird von neuen Methoden ergänzt.

So hat etwa die Bowen-Therapie Einzug gehalten, bei der Massage dem Körper des Patienten Impulse vermitteln soll, die seine Selbstheilungskräfte aktivieren können. Diese Methode kann bei Rückenproblemen oder Asthma insbesondere bei Kindern helfen. Ralf Deitel aus Kleinmachnow bietet solche Kurse an – der „Energie- und Körpertherapeut“ kennt sich mit Stesssituationen aus – er arbeitete früher in der Flugsicherung.

Einige Heilpraktiker bieten auch eher psychologisch angelegte Seminare an, etwa mit dem Titel „Freude als Lebensgrundlage“ bei Anja Kayser aus Kleinmachnow.

Weder unter den Ausstellern noch Besuchern waren viele Männer zu entdecken. Die Gleichstellungsbeauftragte von Potsdam-Mittelmark Ines-Angelika Lübbe, führt dies auf unterschiedliche Wege der Problemlösung von Mann und Frau zurück. „Der Mann hat seinen Stammtisch, die Frau ihre Wellnessfarm“, stellte sie fest. Viele Angebote adressieren bewusst Frauen, etwa der Vortrag „Wechseljahre – Trauerjahre?“ von Ilona Manthey-Konyen (Kleinmachnow) oder „Frust mit der Lust – Aphrodisierende Heilpflanzen und sinnliche Aromaöle“ von Doris Rauschert, Heilpraktikerin aus Zehlendorf und Organisatorin der Veranstaltung.

Obwohl die Prüfungen in der Heilpraktikerausbildung schwerer würden, drängten immer mehr Kollegen auf den Markt, erzählt Rauschert.

Trotzdem bestehe keine ungesunde Konkurrenz zwischen den Kollegen. „Wir haben alle genug zu tun“ – diesen Satz würden die meisten Aussteller unterschreiben. Mit außergewöhnlichen Behandlungsmethoden suchen sie sich ihre Nischen.

Die Heilpraktiker suchen die Öffentlichkeit auch, um mit alten Vorurteilen aufzuräumen. Sie wollen sich nicht als Alternative zur klassischen Schulmedizin präsentieren, sondern ergänzend wirken. Dieses Anliegen wird nicht von vielen Medizinern angenommen – selbst die Tierärzte sind skeptisch. Die Tierheilpraktikerin Marion Köhler – die ehemalige Pharmavertreterin hat erst vor kurzem ihre Praxis in Kleinmachnow eröffnet – hat alle Tierärzte in der Umgebung angeschrieben, um herauszufinden, an wen sie ihre vierbeinigen Patienten bei schweren Problemen überweisen könnte. „Geantwortet hat nur einer“, berichtete sie.

Die Bevölkerung ist nach der Beobachtung der meisten Heilpraktiker weniger voreingenommen. „Seit Einführung der Praxisgebühren merken die Patienten, dass diese Alternative auch nicht so teuer ist“, stellt Mitorganisatorin Ilona Manthey-Konyen fest. (Von Friederike Frantz)