MAZ 9.1.09

 

DENKMAL: Eine Fräse gegen das Vergessen

Keiner will das Kleinmachnower Kunstwerk des Lehniner Künstlers Eckhart Haisch haben und sanieren

KLEINMACHNOW - Das Hickhack um das Denkmal in Kleinmachnow stört den Lehniner Künstler Eckhart Haisch überhaupt nicht. „Jeder Tag der Debatte ist mir recht, weil er der Erinnerung dient“, sagt der Leiter des Lehniner Instituts für Kunst und Handwerk. Haisch war es, der 1992 einen verwaisten Betonsockel neben der Autobahn wieder belebte. Wo bis nach der Wende ein sowjetischer T-34-Panzer stand, thront seit Haischs Eingriff in die deutsche Gedenklandschaft eine quietschrosa Schneefräse. Der Lack ist ab, neue Farbe von wilden Schmierern aufgebracht und zwischen der Gemeinde Kleinmachnow und der Bundesregierung, der das Areal samt Kunstwerk gehört, wogt der Streit hin und her, wer sich um dieses Monument kümmert.

Nachdem sich die Mehrheit der Kleinmachnower Gemeindevertreter gegen eine Beteiligung an der etwa 70 000 Euro teuren Sockelsanierung in Höhe von 15 000 Euro ausgesprochen hatte, ist ebenso der Kauf des Denkmals durch die Verwaltung vorerst abgelehnt worden. Im Hauptausschuss im Dezember wurden beide Entscheidungen über die Zukunft des Denkmals auf einen unbestimmten Tag verschoben. Vorerst bleibt der Bund also auf der Schneefräse sitzen.

Haisch kannte das alte Denkmal von seinen Fahrten auf der Transitstrecke. Wer die Grenzkontrollstelle Drewitz passiert hatte, fuhr an dem T 34 vorbei, bevor er nach Berlin (West) rollte. 1991 gründete Haisch die erste Arbeitsfördergesellschaft im Land Brandenburg – das Lehniner Institut für Weiterbildung. Nun fuhr er, der da noch in Berlin lebte, bald täglich an dem Monument vorbei. „Eines Tages hatte irgendwer den Turm des Panzers gedreht“, erinnert sich Haisch. Nun wies das Kanonenrohr in Richtung Kleinmachnow, oder nein: Es zeigte auf den Boden, denn der Sockel ist ja schräg. „Irgendwer drehte den Turm wieder um, wenig später zeigte er erneut in die andere Richtung. So ging das ständig hin und her“, sagt Haisch. Und irgendwann war der Sockel leer.

Er habe dies sehr bedauert, sagt der Künstler, schließlich sei der Panzer ein Dokument für viele Facetten der Kriegs- und Nachkriegsgeschichte. „So etwas kann man nicht einfach wegräumen“, ist er überzeugt. Nun hat Haisch in den Jahren mancherlei großvolumiges Metall in West-Berlin bewegt, hat mit anderen Künstlern ein halbes Schiff in die Erde gerammt und umherziehende Skulpturen aus alten Gasrohren geschaffen. Einen passenden Panzer hatte er nun nicht. Aber eine ausrangierte Schneefräse kam ihm zupass. „Die stand ausgeschlachtet an der Autobahn-Abfahrt Potsdam-Babelsberg.“ Mit seinem Förderband erinnere die Fräse an das Rohr des Panzers.

Eilends trommelte Haisch Freunde und Sponsoren zusammen. „Die Reifen habe ich mit Beton gefüllt, die Lampen aus Holz nachgebaut.“ Mit statischer Berechnung und einem 90-Tonnen-Kran wurde die Gedenkfräse am 27. März 1992 auf den Sockel gesetzt und an die beiden Träger geschweißt, an denen kurz zuvor noch das Kriegsgerät hing. Doch schon wenige Jahre später war das gute Stück aus dem Blickfeld der Vorbeifahrenden verschwunden. Die Autobahn wurde ausgebaut und Kleinmachnow bekam eine Lärmschutzwand. Der Kreis hat die Installation inzwischen auf die Denkmalliste gesetzt, auch wenn eine Maschine den Panzer ersetzt. Wenn er könnte, wie er wollte, würde er sich einen T 34 besorgen, den ursprünglichen Zustand wieder herstellen und die Fläche ringsherum in Ordnung bringen, sagt Haisch. Die einstigen Möglichkeiten seien Geschichte. Seine Schneefräse „ist im Grunde genommen ein Platzhalter“, ein Erinnerer, der sich dem Verdrängen massiv in den Weg stellt. (Von Heiko Hesse)