MAZ 15.10.08

 

Politik: Der Volksparteiler

Klaus-Jürgen Warnick ist Kleinmachnows Stimmenkönig

KLEINMACHNOW - Wenn sich die neue Kleinmachnower Gemeindevertretung konstituiert, wird im Saal auch wieder einer der glänzenden Sieger der Kommunalwahl Platz nehmen. Klaus-Jürgen Warnick hat in der immer stärker von westdeutschen Zuzüglern beherrschten Gemeinde das beste Stimmergebnis aller Kandidaten erzielt.

Der gelernte Rundfunkmechaniker ist ein Phänomen. Sein Abschneiden – mit 1911 Stimmen gewann der 55-Jährige fast 300 mehr als Ludwig Burkardt (CDU) – setzt die altgediente Annahme außer Kraft, die Linkspartei werde gerade in Zuzugsgebieten Teile ihrer Wählerklientel verlieren. „Es ist möglich, westlich sozialisierte Wähler auf die Seite der Linkspartei zu ziehen, wenn man offen und ehrlich ist“, deutet der langjährige Bundestagsabgeordnete seinen Erfolg – er erhielt 400 Kreuzchen mehr als 2003.

Warnicks Ursachenforschung beginnt bei seiner Mutter. „Die war HO-Kommissionärin. Wenn es früher nichts mehr gab, gab’s bei Warnicks immer noch etwas“, erinnert sich Warnick, der seit 1952 in Kleinmachnow wohnt. Von dieser familiären Lokalprominenz zehre er heute noch.

Die Aura des alten Systems umgibt Warnick trotzdem nicht, was ihn vermutlich auch für Westdeutsche wählbar macht – denn dem SED-Staat stand Warnick nie sehr nah. In der Dorfkirche wurde er getauft und konfirmiert. Als die Wende kam, schloss er sich dem Neuen Forum an, saß mit dem heutigen Bürgermeister Wolfgang Blasig und der heutigen Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm am runden Tisch – „der Wolfgang“ kaufte auch bei Mutter Warnick ein. Die beiden können heute noch gut miteinander.

Was ihn aus der Bürgerrechtlerecke ausgerechnet zur SED-Nachfolgepartei trieb, beschreibt Warnick so: „Dort saßen wenigstens keine Wendehälse, sondern die Anständigen und Ehrlichen, die übrig geblieben sind, die sich die Partei nicht danach aussuchen, wo man am besten Karriere machen kann.“ Die Stasi-Vergangenheit von PDS-Funktionären habe ihn sehr belastet, „sehr gequält“, doch sei er als christlich erzogener Mensch davon überzeugt, dass man Schuldigen auch vergeben können müsse. „Dies vermisse ich manchmal bei der CDU“, fügt Warnick an.

Nicht alle in Kleinmachnow sind überzeugt davon, dass Warnick tatsächlich im Milieu der Zugezogenen wildert. „Er ist ein beharrlicher, fleißiger Arbeiter, in dem Garten, den die Linkspartei beackert“, sagt Ludwig Burkardt, CDU-Fraktionschef. Warnick sei es gelungen, die eigene Klientel zu aktivieren – also Linkspartei-nahe Menschen, die vor fünf Jahren nicht wählen gegangen waren. „Wir hatten eine hohe Wahlbeteiligung“, gibt Burkardt zu bedenken.

Warnick lässt das nicht gelten. „Mir haben Menschen auf der Straße gesagt, sie seien eigentlich CDU-Wähler, aber mit mir könnten sie dennoch etwas anfangen.“ Allgemein sieht der Vater von vier Kindern keine tiefen Gräben zwischen den Volksparteien: „Unter Umständen müssen CDU, SPD und Linke zusammenarbeiten, um das Chaos der Bürgerinitiativen mit ihren teils apolitischen Ideen zu stoppen.“ (Von Ulrich Wangemann)