Märkische Allgemeine 22.04.08

 

HISTORIE: Zierkirschen können wachsen

Kleinmachnower erhalten Japanische Allee und Bosch-Siedlung

KLEINMACHNOW - Die in Kürze in voller Blüte stehenden japanischen Zierkirschen der „Bosch-Siedlung“ in der Hohen Kiefer in Kleinmachnow können wieder ungehindert wachsen. Der Grund: Sämtliche Sträucher, die den kurzzeitig rosa und weiß blühenden Bäumen Wasser rauben, sind an den Grothepfuhl und in den Steinweg umgesiedelt worden. Demnächst sollen neue Zierkirschbäume gepflanzt werden, um die eigentlich doppelreihige Allee wieder zu komplettieren.

Die Bosch-Siedlung ist 1937 angelegt worden, um mit wenig Geld Unterkünfte für die Belegschaft zu schaffen. „Doch in der Sparsamkeit liegt eine gewisse Ästhetik“, sagt Architekt Fred Weigert. Bei einem Rundgang am Wochenende haben er und Naturkundler Gerhard Casperson auf gestalterische Besonderheiten in dem als Gartenstadt angelegten und heute denkmalgeschützten Viertel aufmerksam gemacht.

In dem hundertprozentigen Tochterunternehmen der Bosch-Werke – der Dreilinden Maschinen GmbH – sind von 1935 bis 1945 Zünder, Entstörgeräte und Lichtmaschinen für Flugzeugmotoren hergestellt worden. 1937 arbeiten dort bereits 1000 Menschen, später bis zu 5000 Menschen – darunter etwa 2700 Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Häftlinge des Kleinmachnower Konzentrations-Außenlagers. Für die ständig wachsende Belegschaft ließ Robert Bosch eine Siedlung mit 200 Wohnungen in Kleinmachnow und eine weitere mit 400 Wohnungen in Stahnsdorf erbauen.

Das Kleinmachnower Wohnviertel ist nach dem Krieg in Gemeindeeigentum überführt und in „August-Bebel-Siedlung“ umbenannt worden. Eigentlich waren Doppelhäuser für jeweils zwei Familien geplant, erklärt Weigert. Doch aufgrund des großen Bedarfs wurden zwei- bis dreistöckige Siedlungshäuser gebaut. Vom Prinzip der Gartenstadt ist jedoch nicht abgewichen worden. Jeder Bewohner erhielt zur Wohnung kostenlos ein Stück Land, auf dem er Kartoffeln, Obst und Gemüse anbauen konnte. „Alteingesessene können den Garten weiterhin kostenlos nutzen, Neuzugezogene müssen heute 20 Euro dafür zahlen“, sagt der Architekt.

Mit der Einrichtung eines Lebensmittelmarkts, einer Bäckerei und einer Apotheke haben die Planer dafür gesorgt, dass die Einwohner alles in ihrer Siedlung erwerben konnten, was sie zum Leben benötigten. Durch den Einsatz von minderwertigen Baumaterialien, hätten sich die luftigen Dachböden hervorragend zum Trocknen von Wäsche geeignet, erklärt Weigert. In diesen sind 1992 im Zuge der Sanierung des gesamten Viertels 76 neue Wohnungen entstanden. Grund der Schaffung von weiterem Wohnraum waren die Restitutionsansprüche der Alteigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern in Kleinmachnow. 2000 Betroffene konnten in der Bosch-Siedlung und im neu angelegten Wohngebiet Stolper Weg untergebracht werden, damit sie in Kleinmachnow bleiben konnten.

Neben der historischen Bausubstanz haben Kleinmachnower mit Erfolg um den Erhalt der Zierkirschenallee auf dem Grünstreifen der Hohen Kiefer gekämpft. Die „Japaner“ sind 1940 gepflanzt worden, 1985 aufgrund der Verlegung von Abwasserleitungen beseitigt und anschließend durch neue Bäume ersetzt worden. „Dort war ursprünglich eine U-Bahn geplant“, sagt Casperson. (Von Elke Kögler)