Märkische Allgemeine 26.01.08

 

DAS WAR DIE WOCHE

Grammy für Kleinmachnow

Der Grammy für die besten Schlagzeilen der Woche geht eindeutig an Kleinmachnow. Die sympathische Waldgemeinde, die an Einwohnern Gauting im schönen Würmtal (Bayern) in nichts nachsteht, drängte mit der unwiderstehlichen Mischung aus Reichtum, Schusswaffengebrauch und Selbstbespiegelung immer wieder ins Fettgedruckte.

Seit Donnerstag weiß der geneigte Leser, welcherart Amulette auf den Dekolletees der Ministerialdirigentengattinnen schlummern und dass Gucci-Uhren in jeden Nachttisch zwischen Schleuse und Bäkemühle gehören: Die Polizei stellte Beute aus, die sie bei einem Einbrecher-Duo Ende 2007 gefunden hatte – ein Pole wurde bei der Festnahme angeschossen.

Freunden historischer Photographien fiel auf, dass die Polizeibeamtin, der die ganzen Klunker zum Zweck der Präsentation umgehängt worden waren, entfernt an Archäologengattin Sophia Schliemann erinnerte, als Troja-Entdecker Heinrich ihr 1873 den Schatz des Priamos zum Spielen gab.

Wenn die bestohlenen Kleinmachnower ihr Geschmeide wieder haben, können sie es gleich in der ausgesägten Familienbibel verstecken, um es demnächst beim Shoppen im Europarc zu versetzen. Dort entsteht eine Edelmeile mit Porsche-Niederlassung (Papa), Reitzubehör (Tochter) und Golfbedarf (Papa und Mama). Nur der Sohn rebelliert und fährt mit dem Smart zum Burger King am Ruhlsdorfer Platz in Teltow.

Mahnend hebt allein die Linkspartei die Hände und dringt in Bürgermeister Wolfgang Blasig, er möge die Energiewende herbeiführen. Es würde, so deutet Linksfraktionschef Klaus-Jürgen Warnick an, ein Ruck durchs Land gehen, sollte ausgerechnet Kleinmachnow dem Kohlendioxid abschwören: „Das hätte eine besondere Qualität.“ Nicht auszudenken, wenn sich auch noch Gauting im Würmtal anschließt.

Seine persönlichen Emissionen hat zumindest Bürgermeister Blasig reduziert: Er hat nach eigenem Bekunden seit Silvester kein Pfeifchen mehr geschmaucht. Das Nichtraucherschutz-Gesetz vermiest ihm den Knaster – zumindest bis die Terrasse des Rathauses wieder offen ist. Mit Tee und Bonbons versucht dagegen Michendorfs Bürgermeisterin Cornelia Jung zu vergessen, dass sie selbst in ihrer Machtzentrale nicht mehr das Leben in vollen Lungenzügen genießen kann.

Ihr Leben verwirkt haben laut einem Baumgutachter die stattlichen Ulmen an der Stückener Dorfstraße. Sie seien altersschwach, innen hohl und zu allem Überfluss verschimmelt – eine für jedes fühlende Lebewesen vernichtende Diagnose. Sterbehilfe mit der Motorsäge könne der Mensch angesichts dieses erbarmungswürdigen Zustandes lediglich noch leisten, ergänzte der Gutachter. Etwas hilflos ließ das die Bürger zurück. Sie wissen: Erst wenn ein Baum durchgesägt ist, weiß man, ob er wirklich hohl war. Was aber wissenschaftlich erwiesen ist: Die Bäume auf der Glindower Liebesinsel mussten sterben, weil scharfer Kormorankot ihnen zusetzte. Man hat es nicht leicht als Baum – außer als Zierkirsche in Kleinmachnow. (Von Ulrich Wangemann)