Märkische Allgemeine 14.01.08

 

Mühsamer Weg zur Wahrheit

Die Aktion "Stolpersteine" ist in Kleinmachnow angekommen

KLEINMACHNOW - Die ersten „Stolpersteine“ in Kleinmachnow werden am 26. März verlegt. Sie sollen an den Nazi-Terror im Ort erinnern.

Am 26. März dieses Jahres wird der in Köln lebende Künstler Gunter Demnig die ersten „Stolpersteine“ vor Kleinmachnower Häusern verlegen. Nach einer rund zweijährigen Projektarbeit und einer ersten öffentlichen Dokumentation über Opfer des Nazi-Terrors in Kleinmachnow habe man sich mit dem Heimatverein und dem Schirmherrn Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) darauf verständigt, zunächst an neun Menschen, die an acht Orten in der Gemeinde zu Hause waren, zu erinnern, berichtet Martin Bindemann: Die Kosten in Höhe von 95 Euro pro „Stolperstein“ seien bereits durch private Spenden gedeckt. Nun hoffe man auf Paten, die sich weiter um die Gedenksteine bemühen.

Alle heute an den entsprechenden Adressen lebenden Bürger wurden angeschrieben und zu einem Gespräch über die „Stolpersteine“ eingeladen. Auf einer weiteren Veranstaltung am 12. Februar im Rathaussaal möchte die Projektgruppe, die gemeinsam mit dem Heimatverein und der Kommune die Kunstaktion vorbereitet hat, dann noch einmal die Öffentlichkeit informieren.

Margarete Eisermann, Georg Herzberg und Elisabeth Steffen, sie alle wohnten einmal in Kleinmachnow, waren Nachbarn, Bekannte oder Freunde. Vom Nazi-Terror verfolgt, verließen sie diese letzte freiwillig gewählte Wohnstätte, wurden verschleppt, ermordet oder gelten als verschollen. Im Sommer 2005 fand sich in der Jungen Gemeinde der evangelischen Kirche in Kleinmachnow eine Gruppe zusammen, die sich im Sinne der Aktion „Stolpersteine“ Gunter Demnigs mit den Opfern des Nazi-Terrors im Ort beschäftigte. Die Schicksale von 38 ehemaligen Mitbürgern konnten in „intensiver und oft bedrückender“ Recherche soweit rekonstruiert werden, dass zwei voneinander unabhängige Quellen, die Verschleppung und Vertreibung aus Kleinmachnow verdeutlichen, sagt Bindemann, der maßgeblich am Projekt beteiligt ist. Jenen Lebensläufen anhand historischer Quellen nachzuspüren, bevor sie in der Geschichte verschwinden, fiel den jungen Teilnehmern am Projekt nicht leicht, berichtet der Diakon. Auch sei man bei „vielen, zu vielen“ ehemaligen Kleinmachnowern, ursprünglich hatte man sich mit den Schicksalen von 237 Menschen beschäftigt, nicht sehr weit gekommen. Öffentlich zugängliche Quellen waren erschöpft, Lebensspuren verloren sich.

Zynisch und erschreckend haben Originalakten aus Bundes- und Landesarchiv auf die Projektteilnehmer gewirkt, sagt Bindemann, genau wie die Ansichten eines „ewig Gestrigen“, der ihn im Zusammenhang mit der Dokumentation aufsuchte. Doch man habe auch viele Mitbürger positiv erreicht, neue Teilnehmer gesellten sich zum Projekt, Informationen erreichten die Gruppe, sogar per E-Mail aus Neuseeland. Heute, so bekennt der Diakon, wisse er, dass man etwas „blauäugig“ an die Auseinandersetzung mit den Folgen der Gewaltherrschaft im eigenen Heimatort herangegangen sei. Doch die Beschäftigung mit der Dokumentation entwürdigender Verhöre, mit Zeugnissen von Rassenwahn, Intoleranz und Enteignung habe den Weg frei gemacht, an Menschen zu erinnern, die einmal in Kleinmachnow lebten, deren Spuren nun durch die „Stolpersteine“ wieder sichtbar werden sollen.

info Veranstaltung zur Aktion am 12. Februar um 19.30 Uhr im Kleinmachnower Rathaussaal. Informationen unter www.jungegemeinde-online.de. (Von Konstanze Wild)