Märkische Allgemeine Zeitung 02.06.07

 

Morgen wegweisendes Urteil erwartet

Streit um Sommerfeld-Grundstücke in Kleinmachnow geht in entscheidende Phase

JÜRGEN STICH

KLEINMACHNOW Ein wegweisendes Urteil im Rechtsstreit um die Restitution von Grundstücken in der Kleinmachnower Sommerfeld-Siedlung wird morgen vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erwartet. In der Verhandlung geht es nach Angaben des Gerichts um ein 269 Quadratmeter großes Grundstück, das mit einem Reihenhaus bebaut ist. Hintergrund ist die Klage des Berliner Geschäftsmanns Christian Meyer auf Rückübertragung des Grundstücks nach dem Vermögensgesetz.

Insgesamt geht es um 400 Grundstücke und damit um einen der größten Restitutionsfälle in Deutschland. Die Fläche gehörte bis 1933 einer Siedlungsgesellschaft, an der der jüdische Unternehmer Adolf Sommerfeld zu 80 Prozent beteiligt war. Ende März 1933 wurde Sommerfeld in seinem Wohnhaus von SA-Männern überfallen und konnte sich nur durch Emigration vor weiterer Verfolgung retten. Ein NSDAP- und SS-Mitglied übernahm die Geschäftsführung der Gesellschaft, die das im Leipziger Prozess behandelte Grundstück schließlich am 26. April 1934 an private Häuslebauer verkaufte.

Den Rückübertragungsanspruch, den Christian Meyer unter anderem auf dieses Grundstück erhob, lehnten die Behörden 1999 ab. Meyer scheiterte auch mit einer Klage gegen den Bescheid vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht. Dieses entschied im August 2005, dass eine Restitution ausgeschlossen sei und bezog sich auf das Vermögensgesetz. Dort gilt der "Siedlerschutz", das heißt: Rückübertragungen sind nicht möglich, wenn Grundstücke seinerzeit an Privatpersonen zu Wohnzwecken veräußert wurden.

Genau um diesen Passus im Gesetz wird es morgen in Leipzig gehen. Meyer hat dort die Zulassung einer Revision erreicht. "Dieses Verfahren kann voraussichtlich Gelegenheit zur Klärung der grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage bieten, ob oder inwieweit der Anwendbarkeit des Resitutionsausschlusses im Vermögensgesetz (Siedlerschutz) verfassungsrechtliche Gründe entgegenstehen", ließ das Bundesverwaltungsgericht im Vorfeld bereits wissen.

Der Berliner Geschäftsmann hat bereits angekündigt, dass er diese Frage notfalls auch bis vor das Bundesverfassungsgericht, in letzter Stufe sogar vor den Europäischen Gerichtshof bringen will. Immerhin gehe es um einen Verkehrswert der umstrittenen Grundstücke von 43 Millionen Euro.

Die Sommerfeld-Grundstücke in Kleinmachnow waren im Jahr 1992 ursprünglich von der Jewish Claims Conference beansprucht worden. 1997 trat die Organisation diesen Anspruch an Christian Meyer ab, der seit dieser Zeit die Prozesse um Rückübertragung führt. Einige Bewohner der Siedlung haben sich inzwischen von den Resitutionsansprüchen "freigekauft", andere leben weiterhin in einer rechtsunsicheren Situation.