Märkische Allgemeine Zeitung 01.03.07

Junge beklagen "Starrsinn" der Alten

In der Teltower Region soll das Zusammenleben der Generationen verbessert werden

KONSTANZE WILD

KLEINMACHNOW Über 41 Prozent der Jungen und ein Viertel der Mädchen der Region Teltow haben keinen oder kaum Kontakt zu alten Menschen. In Zeiten des allseits diskutierten demografischen Wandels, einer rapiden Zunahme des Anteils Älterer, ist die Begegnung von Jung und Alt alles andere als alltäglich. Individualismus und eine vom Arbeitsmarkt diktierte hohe berufliche Flexibilität, lassen Familienverbände auseinanderdriften.

So zeigte sich das Publikum am Dienstag im Rathaussaal zwar amüsiert, aber kaum verwundert darüber, dass in derselben Umfrage, die Wolf Beyer, Mitarbeiter der Studie "Auf dem Weg zum seniorenfreundlichen Kreis" der Akademie 2. Lebenshälfte, vorstellte, junge Menschen den Älteren zwar "Zeit, Geduld und Erfahrung" zuschreiben, sich aber gleichzeitig über "Starrsinn und Besserwisserei" auslassen. "Wahlverwandtschaften", etwa der von der Akademie geplante "Wunschgroßelterndienst" oder die ehrenamtliche Tätigkeit von Älteren in Schulen und Kitas helfen hingegen, Klischees aufzulösen.

Immer mehr "Wahlverwandtschaften" wird es künftig wohl auch unter den Älteren selbst geben müssen. Eigeninitiative bei der Planung des gemeinsamen Wohnens im Alter ist gefragt. Nicht nur Architekt Christian Michael Küssner, der sich im Auftrag der Gemeinde Kleinmachnow mit dieser Frage beschäftigte, warnte eindringlich, sich allein auf öffentliche Planungen und Angebote zu verlassen.

Tatsache ist, dass Kommunen und Behörden einen großen Nachholbedarf haben, was die städtebauliche Entwicklung in Bezug auf altersgerechten, barrierefreien, nicht zuletzt bezahlbaren Wohnraum angeht. Gerade in der prosperierenden Teltower Region, so die allgemeine Kritik, sei eine Menge Wohnraum geschaffen und für "junge Familien" vermarktet worden. Nach allen Seiten offen, mehrgeschossig, auf schmalem Grund, genüge dieser oft kaum noch den Bedürfnissen, sobald die Kinder ins Jugendalter kommen und schon gar nicht Kriterien des barrierefreien, ruhigen und zentralen Wohnens – an den Wünschen älter werdender Menschen also vorbei gedacht.

Im Vorfeld war Küssners Studie als "zu allgemein" in die Kritik geraten. Doch auch sie schärft das Bewusstsein, dass nicht einige Dutzend altersgerechte Wohnungen den Ansprüchen genügen, die eine alternde Gesellschaft auch in Kleinmachnow an ihren Wohnort stellt. Ein Mix aus menschenwürdigen Wohnformen, von selbst organisierten Siedlungsgemeinschaften bis zum betreuten Wohnen und Pflegeheimen, gehören dazu.

Doch auch Begegnungsstätten, Weiterbildung und ein "sinnvolles Nutzen" des großen Potenzials an Wissen, sozialer Kompetenz und Zeit der Älteren, Stichwort bürgerschaftliches Engagement, standen im Mittelpunkt der Diskussion unter dem Motto "Hier möchte ich alt werden".

Regionales Denken geriet einmal mehr in den Fokus. Zwar gestaltete der SPD-Ortsverein Kleinmachnow den Abend, doch viele Beteiligte denken und handeln über kommunale Grenzen hinweg. Betrachtet man Grundstücksreserven und Infrastruktur der drei Gemeinden Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow, liegt es nahe, sich abzustimmen und Strukturen für die Zukunft zu entwickeln.

Einen "Demografie-Check" für kommunale Entscheidungen und regionale Bedarfsanalysen forderte Ingrid Witzsche von der Akademie 2. Lebenshälfte. Einen "Tag des Ehrenamtes" sowie eine Anlaufstelle "Rund ums Alter" in Kleinmachnow möchten Nina Hille und Susanne Krause-Hinrichs, die den Abend moderierten, etablieren.