Märkische Allgemeine Zeitung 25.09.06

Opfer von Rassenwahn

Ausstellung "Stolpersteine" erinnert

KONSTANZE WILD

KLEINMACHNOW Sie waren Nachbarn, vielleicht Freunde. Sie wurden verschleppt, inhaftiert, ermordet. Viele dieser Opfer des Nationalsozialismus, Opfer von Rassenwahn und Intoleranz, gerieten in Vergessenheit. Die Aktion "Stolpersteine" des Künstlers Gunter Demnig erinnert auf eindringliche Weise bereits in vielen Städten und Gemeinden an sie.

Zur Ausstellungseröffnung der "Stolpersteine" in Kleinmachnow sprach der Politikwissenschaftler Hartmut Jäckel über das Schicksal der jüdischen Bevölkerung nach der nationalsozialistischen Machtergreifung, bevor Wolfgang Blasig als Schirmherr in der ehemaligen Siemens-Kantine am Schwarzen Weg die Ausstellung "Stolpersteine" eröffnete. "Auch Kleinmachnow, gerade Kleinmachnow" sollte sich seiner Vergangenheit stellen, sagte der Bürgermeister und dankte insbesondere den jugendlichen Initiatoren für ihr Engagement. Heimatverein und Junge Gemeinde der Evangelischen Kirche hatten sich ein Jahr lang auf eine beklemmende Spurensuche in ihrer Gemeinde begeben. (MAZ berichtete). Die Ausstellung hebt acht Schicksale der Gewaltherrschaft ins Bewusstsein. "Ein Anfang, ein Zwischenschritt nur", doch "vor unseren Augen zeichnet sich ein menschliches Leben", sagte Diakon Martin Bindemann. Nun geht es darum, Paten und Spender für zehn Mal zehn Zentimeter große "Stolpersteine" zu gewinnen, die an der letzten freiwillig gewählten Wohnstätte der Ermordeten und Verschollenen verlegt werden sollen. Eine Gravur in der Messingkappe der Steine wird dann an die Menschen erinnern, die einmal in Kleinmachnow zu Hause waren - mitten unter uns.

Zu ihnen gehörte u.a. Georg Herzberg, geboren am 29. November 1870 in Schöneck/Westpreußen. Todesdatum: 21. November 1942 Zuchthaus Brandenburg/Havel. Letzter freiwillig gewählter Wohnort: Auf der Drift 12 in Kleinmachnow, Kreis Teltow.

Georg Herzberg wird als eines von vier Kindern des Ehepaares David und Johanna Herzberg geboren. Er besucht Volksschule, Realgymnasium, Oberschule und wird Apotheker. Zuletzt lebt er in Kleinmachnow, im Kreis Teltow, Auf der Drift 12. Die Nazis verhaften den damals 71jährigen im September 1941, klagen ihn wegen "Rassenschande" an und verurteilen ihn am 17. Dezember 1941 zu zwei Jahren Zuchthaus.

Die "bürgerlichen Ehrenrechte" verliert er für drei Jahre. Sein gesamtes Vermögen wird "wegen staatsfeindlicher Bestrebungen zu Gunsten des Deutschen Reiches eingezogen", zwei Grundstücke werden anschließend der Gemeinde übertragen. Der promovierte Apotheker kehrt nie nach Hause zurück.

Die Staatspolizeistelle Potsdam beschlagnahmte bei der Verhaftung sofort das Vermögen von Georg Herzberg, zu der Zeit besitzt er zwei Grundstücke in Kleinmachnow, Auf der Drift 12 und Iltisfang 32. In den Jahren 1947/48 wird das Grundvermögen an seine Tochter, Jana Lieselotte Beer, geborene Herzberg, zurückgegeben. Georg Herzberg stirbt in der Frühe am 21. November 1942 im Zuchthaus in Brandenburg an der Havel.

Ab Mittwoch ist die Ausstellung "Stolpersteine" von 9 bis 18 Uhr in der Auferstehungskirche Im Jägerstieg zu sehen. Unter www.jungegemeinde-online kann man die entsprechende Datenbank erreichen. Für weitere Informationen und Hinweise ist die Junge Gemeinde auch unter Telefon 033203/79173 dankbar.