Märkische Allgemeine Zeitung14.06.06

Silberschatz bei Spremberg

Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe betreibt Bohrkernarchiv

ARMIN KLEIN

KLEINMACHNOW Kürzlich beging das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) mit Sitz in Kleinmachnow den 10. Jahrestag der Existenz seines Bohrkern- und Probenarchivs mit einem Kolloquium und einer anschließenden Exkursion zum Wünsdorfer Archivstandort.

In fünf wissenschaftlichen Vorträgen und mit sprudelndem Sekt brachten die brandenburgischen Geologen ihren Stolz auf 160 Kilometer zylinderförmiges und bröckliges Gesteinsmaterial von mehr als 100 000 Bohrungen in Tiefen bis 7008 Meter zum Ausdruck. Mit Recht, denn die Bohrkerne sind kostbar. Schließlich legt das Landesamt Wert auf eine exakte geologische Fachberatung für die Wirtschaft und die Landesplanung. Dabei geht es um Steine und Erden, Braunkohle, Kiese, Tone und Sande, um Erdöl, Kupfer, Grund- und Thermalwasser sowie Erdwärme. Fester Baugrund ist gefragt für Hochbauten, Brücken, Bahntrassen und gegenwärtig zum Beispiel für das neue Schiffshebewerk Niederfinow.

Ein ganzes System geologischer Unterlagen dient als Basis für die LBGR-Beratertätigkeit, vom Schriftarchiv mit rund 20 000 Berichten und Gutachten, dem Bohrarchiv mit 200 000 Erdschichtenverzeichnissen, der Geowissenschaftlichen Datenbank Brandenburg, dem informativen "Atlas zur Geologie von Brandenburg" und besonders eben auch dem umfangreichen Bohrkernarchiv in Wünsdorf.

Die geologische Kartierung Brandenburgs mit Karten unterschiedlicher Maßstäbe für die verschiedensten Verwendungszwecke wäre nicht möglich ohne das im ehemaligen GUS-Armeestandort gelagerte Bohrkernmaterial.

Wirtschaftliche Nutzung

"Die sachgerechte Bewahrung der Bohrkerne ermöglicht wirtschaftliche Nutzung, erspart teure Neubohrungen, sichert die wissenschaftliche Auswertung, schafft Synergien und bestätigt die richtige Entscheidung zum Ausbau des Bohrkernlagers", betonte LBGR-Vizepräsident Werner Stackebrandt auf dem Jubiläumskolloquium.

Eine von Tiefengeologie-Dezernatsleiter Jürgen Kopp geführte Exkursion durch die vier etwa 100 Meter langen und fünf Meter hohen ehemaligen Armeefahrzeughallen in Wünsdorf führte an ausgedehnten Regalen entlang, wo das wertvolle Gesteinsmaterial in blumenkastenähnlichen, meterlangen Kisten, aufeinandergeschichtet zu tonnenschweren Paletten, untergebracht ist. Was für Laien unterschiedlich schwarz, grau oder rötlich gefärbte Steine sind, entlockte den Experten beim Rundgang immer wieder bewundernde Ausrufe.

Sie entdeckten da wohl Uran bei Herzberg, erdölverdächtiges Gestein in Bohrkernen aus Odernähe, eingetütetes und somit feuchtigkeitsgeschütztes Material von einem Salzstock bei Mittenwalde, Eisenerzhaltiges aus der Prignitz oder Kupferschiefer in Bohrkernen aus 900 bis 1400 Metern Tiefe bei Spremberg. 1,5 Millionen Tonnen Kupfer und 3000 Tonnen Silber sollen dort lagern.

Insgesamt wurden in Brandenburg eine 7000-Meter-Bohrung, neun Bohrungen zu 5000 Meter, 37 zu 4000 Meter und 24 zu 3000 Meter niedergebracht. Mehr als 250 Bohrungen führten immerhin noch in Tiefen über 2000 Meter.

"Man muss erst einmal die oberen Sedimentschichten durchstoßen, dann wird es interessant, denn die Tiefenbohrungen lüften so manches Geheimnis", äußerte Kopp. In diesem Sinne hielt auch der Vertreter des Finanzministeriums das Bohrkernarchiv für eine wichtige Investition für Brandenburgs Zukunft.

Natürlich finden derzeit neue Tiefenbohrungen statt. Eine ist bekannt und stieß auf dem Kolloquium auch im Referat ihres Projektleiters Ernst Huenges vom Geoforschungszentrum auf großes Interesse: die 4300 Meter tiefe Bohrung in der Schorfheide mit dem Ziel, das unten 150 Grad heiße Thermalwasser direkt zur Stromerzeugung zu nutzen. Überhaupt gilt wohl die geothermische Energie, ob in Form von Heißwasser oder Erdwärme, gegenwärtig als wichtigstes Geopotenzial in Brandenburg, zu erforschen durch weitere Tiefenbohrungen.

In Zusammenhang mit dem Energieträger Braunkohle hat es in der Vergangenheit immerhin etwa 69 000 Bohrungen gegeben, auf Warmwassersuche auch bereits 31 000. Manche Bohrkerne füllen in Wünsdorf bis zu 1000 Kisten.

Ein Archiv für das Land

Doch bei aller berechtigten Betonung des Wirtschaftsbezugs darf auch der wissenschaftlich-kulturelle Wert des LBGR-Bohrkernarchivs nicht unterschätzt werden. Schließlich sind die Bohrkerne Zeitzeugen brandenburgischer Erdgeschichte. "Sie sind die Litothek unseres Landes, ähnlich einem Bestand neuartiger und besonders wertvoller alter Bücher", so Tiefengeologe Kopp.