Märkische Allgemeine Zeitung 15.02.06


Zwanzig Tagungsräume mit Wireless LAN
Tek km 09,90: NH-Hotel in Kleinmachnow / "100 Jahre Teltowkanal" (Teil 23)


THOMAS VIEWEG
Einsam dreht ein Stockentenpärchen auf dem Teltowkanal seine Runden. Durch die Bäume am Ufer hindurch sind sie vom Hotel aus gut beobachtbar.

Die Gäste gehen gerade zum Frühstücksbuffet. Die ersten Tagungsräume beginnen sich zu füllen. Trotz der Geschäftigkeit drinnen herrscht draußen vor dem Vier-Sterne-Haus mit 243 Zimmern Beschaulichkeit.

Wer sich auch immer den Namen ausgedacht hat, mit der Idylle dieses Ortes hat er nichts zu tun. "NH Berlin Potsdam" nennt sich die Herberge. Der Name - kreiert mit Blick auf nationale und internationale Gäste - führt so in die Irre. Das Hotel liegt weder in der Bundes- noch in der brandenburgischen Landeshauptstadt. Es steht auf Kleinmachnower Grund.

Von Großstadttrubel ist nichts zu spüren. Ungestört schwimmt das Stockentenpärchen am Ufer entlang.

Aber: Ausgerechnet diese ruhige Lage an der Wasserstraße beschert dem Hotel seit Jahren Gäste aus dem Bundesgebiet und dem Ausland, vor allem Firmenkunden und Messebesucher, die nach langen, arbeitsreichen Tagen in Berlin und Potsdam die Herberge im Grünen schätzen.

Die Postadresse von Hotel und umliegendem Wohnviertel lautet Zehlendorfer Damm. Von der Straße ist das bebaute Areal allerdings nicht einsehbar.

Wer durch Kleinmachnow fährt, dem entgeht das Terrain. Wohnhäuser und Herberge liegen versteckt hinter einem dichten Grünstreifen. Zwischen hohen Bäumen führt ein kleiner Zufahrtsweg zur Siedlung. Hotelpforte und Hauseingänge sind ganz dem Kanal zugewandt.

Wo heute Neubauten stehen, befand sich noch vor 16 Jahren inmitten von Grün eine großflächige Sportanlage mit dem "Stadion der Metallarbeiter" - Heimspielstätte des Fußballvereins Motor Teltow. Wie die danebenliegenden Plätze und die Schießanlage befand sich das Stadion in der Trägerschaft des Betriebs Geräte- und Reglerwerke Teltow. Mit der Wende kam der Wandel. Auf dem Rasenplatz rückten die Baukräne an.

Das Stadiongebäude wurde abgerissen. Die Kicker mussten Spielfelder abgeben. Mitte der 1990er Jahre standen dann Wohnbauten, die sich neudeutsch "Appartement-Häuser" oder "Stadtvillen" nennen, und das Hotel. Der verbliebene Rest blieb dem Sportforum Kleinmachnow und dem Regionalen Sportverein, der sich jetzt "Eintracht" nennt.

Das Hotel öffnete im März 1995 seine Pforten unter dem Namen "Astron". Im Februar 2002 wurde diese deutsche Hotelgruppe vom international operierenden NH Hoteles Konzern übernommen.

Seither ist das "NH Berlin Potsdam" eines von 250 Business-Hotels mit insgesamt mehr als 35 000 Zimmern in Europa, Lateinamerika und Afrika. Die Betreibergesellschaft liefert das, was Firmenchefs für Trainingsseminare und Manager der mittleren Ebene auf Dienstreisen erwarten: Für die Arbeit zwanzig Tagungsräume mit Wireless LAN, selbstverständlich vollklimatisiert, schallisoliert und mit modernster Technik ausgestattet, für das Danach Restaurant, Bar, Bistro, Zillestube, Fitnessraum, Sauna, Solarium, und für das Später Satelliten- und Pay-TV.

Sucht man einen Ort, der die Veränderungen seit 1990 deutlich widerspiegelt, so ist kaum einer besser geeignet als Kleinmachnow. Mit Siedlungen wie dieser wuchs die Gemeinde von knapp 11 000 Einwohnern vor dem Mauerfall auf heute rund 19 000.

Die Neu-Kleinmachnower kommen aus den alten Bundesländern und dem Westen Berlins, darunter so mancher "Gamsbart", der sich hier angesiedelt hat. "Freistaat Bayern" verkündet ein Wappen an einer Stadtvillenterrasse. Blau-weiße Gemütlichkeit wo einst "Motor Teltow" kickte - der Wandel der Gemeinde wird hier sichtbar, auch in den Zahlen: Von den Alteingesessen sind nur noch 3000 übriggeblieben.

Ob hier zusammenwächst, was nach Willy Brandt immer zusammen gehört hat, ist noch eine offene Frage. Nur eines ist sicher: Stadion der Metallarbeiter, NH Hotel, bayrische Kleinmachnower - hier am Teltowkanal ist es nicht nur grün, sondern bunt.

Nur das Stockentenpärchen zeigt sich unbeeindruckt und dreht noch immer seine Runden.

Die MAZ-Serie "100 Jahre Teltowkanal" steht im Internet unter www.MaerkischeAllgemeine.de/teltowkanal (Potsdam-Mittelmark)