Märkische Allgemeine Zeitung 04.02.06

Politiker vor der Kamera
Teenager fotografieren Böger, Künast und Co / Camp in Kleinmachnow

KONSTANZE WILD

K LEINMACHNOW Ein "bisschen mulmig" war Carolin Janoschek schon zumute, als sie erfuhr, dass sie zu den 30 Gewinnern gehört, die eine Woche im NH-Hotel Kleinmachnow residieren dürfen, um in Theorie und Alltagspraxis des Fotografenberufes hinein zu schnuppern. Eine ganze Fotoserie zum Thema Freundschaft hatte die 14-Jährige aus Ferch zum Wettbewerb des Berliner Vereins Teen Vision eingereicht. Gemeinsam mit ihrer Freundin Mandy Weise aus Stahnsdorf besucht sie die Peter Joseph Lenné Schule in Potsdam. Mandy brachte die Mitarbeit in der dortigen Foto AG auf die Idee, sich zu bewerben.

Gerade die praktischen Übungen, etwa "wie gestalte ich ein Portrait, haben viel gebracht", berichten die Mädchen, die nach einer Woche Programm erstaunlich munter wirken. Da hieß es, früh aufstehen und den Dozenten folgen, die in Theorie und Praxis das "Ein mal Eins" des Fotografierens vermitteln. Am vorletzten Tag pilgerten die Nachwuchsfotografen mit Bus und S-Bahn noch einmal aus dem beschaulichen Kleinmachnow nach Berlin-Mitte, besichtigten den Bundestag und plauderten schon mal mit Renate Künast, um sie von den Motiv-Ideen des auf sie zu kommenden Fototermins zu überzeugen.

Kaum zurück im Hotel, fährt auch schon Klaus Böger vor. Besser gesagt, er lässt sich fahren. Denn das genießt der Berliner Senator für Bildung, Jugend und Sport und gibt den Nachwuchsfotografen damit gleich ein bisschen Persönlichkeit preis. Nun gilt es, die richtigen Fragen zu stellen, um möglichst viel über Böger zu erfahren. Für die jungen Leute nicht ganz einfach, liebt der 61-Jährige doch solche "klassischen" Dinge wie Oper, Philharmonie, Doppelkopf und Schmöker-Krimis. Allmählich aber scheint die Persönlichkeit des gebürtigen Hessen immer mehr auf. Ein Mensch hat eben verschiedene Facetten. So wie Europa, welches Böger aufgrund "seiner Vielfältigkeit liebt". So richtig fotogen sei er wohl nicht, stellt der Politiker klar und berichtet grummelnd von so manchem Fernsehauftritt, wo er mit seinen 1,90 Meter neben viel kleineren Moderatorinnen und bei ungünstigen Kamerapositionen keine gute Figur gemacht habe.

Klaus Wowereit und Matthias Platzeck fungieren als Schirmherren des Wettbewerbs, den die Berliner Fotografin Claudia Buhmann im Jahre 2003 mit der Gründung des Vereins Teen Vision etablierte. Unternehmen und Prominente sponsern und unterstützen das Fotocamp, zu dem sich dieses Mal mehr als 300 Schüler und Schülerinnen aus Berlin und Brandenburg beworben hatten. Dreißig Ausgewählte durften der Prominenz nun eine Woche lang so richtig auf die Pelle rücken. "Hinter den Kulissen - Politiker hautnah" hieß das Motto, zu dem Polit-Profis sich erst im Gespräch "outen" mussten, um sich nun in den nächsten Wochen entsprechend ablichten zu lassen. Da muss man telefonieren und organisieren, berichtet Frank Ahnefeld. Schon lange im PR-Bereich tätig, knüpft er ehrenamtlich die Kontakte für Teen Vision, macht Termine mit Künast, Schäuble, Benneter und Co, die dann doch, "und dass ist eben Alltag", schnell noch mal gekippt und verschoben werden müssen. Dabei sei der enorme Aufwand gerechtfertigt, sagt Ahnefeld, der die Arbeit des Vereins als eine Art Klammer zwischen Schulbildung und Beruf sieht. In den vergangenen Jahren hat TeenVision bereits große Sportler und Promis vor die Kameras der Teenager gelockt. Dass der Beruf des Fotografen "im Alltag beinhart" ist, darauf weist der Schulsenator hin. Im brodelnden Stadtstaat Berlin ständig im Rampenlicht stehend, weiß der Mann, wovon er redet. Und dass ein Fotograf nicht immer auf entspannte und für jede Frage offene Gegenüber trifft, wird den Teenagern im Alter zwischen 12 und 17 Jahren nicht verschwiegen. Da ist neben Können und Kreativität auch ein gewisses Durchsetzungsvermögen vonnöten. Carolin schreckt das nicht. Von den Erlebnissen der Woche inspiriert, möchte sie sich durchaus intensiver mit dem Beruf der Fotografin beschäftigen. Im September werden die Ergebnisse der Werkstatt in der Filiale der Dresdner Bank am Pariser Platz zu sehen sein. "Ohne Doppelkinn und Augenringe, schlank, markant, mit vollem Haar" - so sähe er sich dort gern, gibt der Senator augenzwinkernd zu. Das wird wohl ein Wunschtraum bleiben, aber "seriös und ein bisschen persönlich" sollte es schon sein. Stoff für Ideen hat Klaus Böger den Nachwuchsfotografen jedenfalls ausreichend geliefert.