Märkische Allgemeine Zeitung 04.06.05
Traum
von Landesgartenschau
Bürger und Politprominenz am Teltowkanal / Ufer
sollen erlebbar werden
KONSTANZE WILD
REGION TELTOW Vor 99 Jahren eröffnete Kaiser Wilhelm der
II. am 2. Juni mit großer Parade den Teltowkanal. International bestaunte man
das innovative Konzept des damaligen Landrats Ernst von Stubenrauch - auf der
Weltausstellung 1904 in den USA sowie als Vorbild für den Treidelbetrieb am
Panama-Kanal. Denn von Beginn an war das Befahren der fast 38 Kilometer langen
Wasserstraße auf einen elektrischen Schleppbetrieb (Treideln) ausgerichtet.
Heute erinnern nur noch Stolperstellen an die alten an beiden Uferseiten
angelegten Treidelpfade: Rostig und krumm ragen Gleisreste jäh aus dem sandigen
Boden.
Das konnte zahlreiche Bürger jedoch nicht abhalten, einer
Einladung der Lokalen Agenda 21 Teltow zu folgen. Auch Vertreter aus
Steglitz/Zehlendorf diskutierten mit Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt und
Politprominenz bei einem Abendspaziergang an der Kanalaue über seit langem
gehegte Pläne: Man möchte einen Rad- und Wanderweg am südlichen Uferabschnitt
zwischen Knesebeck- und Rammrathbrücke anlegen, am Standort der Teltow-Werft
wieder eine Fuß- und Rad-Brücke über den Kanal schlagen und so überörtliche
Rad- und Wanderrouten verknüpfen.
An der Zehlendorfer Uferseite säumen Pferdekoppeln einen
bereits vorhandenen Rad- und Wanderweg, der zwischen Knesebeck-Brücke und Sachtlebenstraße
verläuft und am Buschgraben seinen Anschluss findet. Auf Teltower Seite wird es
holpriger. Im stillen Uferbereich der Kanallandschaft geht's über
sandig-abschüssige Trampelpfade. Mancher Teilnehmer betrachtet betreten sein
Schuhwerk.
Auch Klaus Uwe Benneter,
Generalsekretär der SPD, hat sich in stürmischen Wahlzeiten eine Auszeit am
Kanal genommen. Gern würde er hier einmal radeln, sagt der Polit-Profi mit
Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf. Obgleich auch ihm bewusst ist, der größte
Stolperstein für eine schnelle Planung ist das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit
Nr.17, "das stellt alles ruhig". Die darin vorgesehene und nicht
konkret absehbare Kanalerweiterung ist umstritten und könnte insbesondere den
Brückenschlag auf Jahre verzögern.
Hohe Schilfgürtel konkurrieren jetzt mit der tristen
Rückansicht von Baumärkten, die mit Abstellflächen dem Ufer bedrohlich nahe
rücken. Industriebrachen bestimmen das weitere Landschaftsbild. Noch - denn für
einen Teil des südlichen Uferabschnitts gibt es aktuell städtebauliche
Perspektiven. Ein Vorentwurf (MAZ berichtete) sieht eine maritime Wohnbebauung
vor.
Aus östlicher Richtung kommt der Kolonnenweg, der als
Rad-und Wanderweg allerdings nur bis zur Badstraße nutzbar ist. Diesen möchte
man im Entwicklungsgebiet weiterführen, erläutert Barbara Markstein vom Büro
Ökologie und Planung, die auch die Hoffnung äußert, dass sich der Investor, die
Firma Klösters Baustoffwerke GmbH, bei der Ufergestaltung engagiert. Nur nach
und nach, da sind sich Elisabeth Camin-Schmid von der Agenda und
Politiker-Lobby einig, könne man die Ressourcen entwickeln und einen
"grünen Kanal für die Bürger" schaffen. "Stückchenweise geht das
nur", betont Jens Klocksin (SPD), der das Projekt der drei Gemeinden
unterstützt und hier die Perspektive einer Landesgartenschau 2012 vor Augen
hat.
Die Wanderer haben zunächst den Brückenkopf der
ehemaligen Teltow-Werft-Brücke vor Augen. Auf halbem Wege zwischen Knesebeck-
und Rammrath-Brücke verband sie die Werft mit den Treidelanlagen am Südufer. Im
Zweiten Weltkrieg zerstört, wurde auch der Treidelbetrieb nicht wieder
aufgenommen. 1962 stellte die Werft als Folge des Mauerbaus ihre Tätigkeit ein.
Malerisch wirken noch wenige dümpelnde Schiffe im Hafenbecken und der
sechseckige Lokschuppen.
Güterschiffe in Serie habe man produziert, Treidelschiffe
für Rhein und Neckar, 150 Mann in Brot und Lohn, erinnert sich der ehemalige
Hausmeister Siegesmund Seifert nicht ohne Stolz an glanzvolle Zeiten einer
Werft, die einst zu den modernsten gehörte. Heute wacht er über ein wenig
genutztes Gelände, dem neue Bürgernähe und Tourismus am Kanal vielleicht
ebenfalls Leben einhauchen könnten.